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Belohnung und Strafe im Hundetraining

Belohnungen und Strafe im Hundetraining

Belohnung & Strafe im Hundetraining

Können wir nur belohnen? Müssen wir auch strafen?

Oder umgekehrt? Was ist richtig?

Was musst du beachten, wenn du Belohnung oder Strafe im Hundetraining anwenden möchtest?

Um diese Fragen zu beantworten, wollen wir uns kurz anschauen, welche Möglichkeiten wir überhaupt haben und welche Folge jede dieser Möglichkeiten hat.

Falls dir in anderen Bereichen manchmal andere Definitionen begegnen, lasse dich nicht verunsichern. Die hier verwendeten Bezeichnungen sind die am häufigsten im Hundetraining genutzten Bezeichnungen. Sie stammen ursprünglich aus der Psychologie. Die Neurophysiologen arbeiten mit anderen Definitionen.

Was ist Strafe, was ist Belohnung im Hundetraining?

Definition Strafe: Strafe verringert das Auftreten von Verhalten.

Definition Belohnung*: Belohnung* vermehrt das Auftreten von Verhalten.

  • Belohnung ist hier nicht der richtige Fachausdruck, ich will dich aber nicht verwirren, darum lasse ich hier noch das Wort Belohnung stehen.

Ich kann Belohnungen oder Strafen hinzufügen oder wegnehmen.

Wenn ich etwas hinzufüge, wird das im Tiertraining als positiv bezeichnet. Es ist also keine Bewertung im Sinne von gut, sondern es ist mathematisch zu verstehen als +.

Wenn ich etwas wegnehme, wird das im Hundetraining als negativ bezeichnet. Wieder ist es keine Bewertung im Sinne von schlecht, sondern es ist mathematisch zu verstehen als –.

Hinzufügen ist also positiv +, wegnehmen ist negativ -.

Ich kann sowohl Strafe als auch Belohnungen hinzufügen und wegnehmen. Es gibt also

4 Möglichkeiten

1. Strafe hinzufügen = positive Strafe (Verhaltenswahrscheinlichkeit wird verringert)

Ein Schlag wäre eine hinzugefügte Strafe. Dies wird dann positive Strafe genannt.

Wer positive Strafe sagt, meint damit nicht zwangsläufig, dass das etwas Gutes oder Sinnvolles ist. Es bedeutet einfach, dass es eine Form von Strafe ist, die hinzugefügt wird.

Das Gefühl des Tieres ist Angst. Die Angst vor Strafe lässt es lernen, der Strafe zu entgehen.

2. Belohnung hinzufügen = positive Verstärkung

(Verhaltenswahrscheinlichkeit wird erhöht)

Wenn ich ein Leckerchen gebe, ist das eine hinzugefügte Belohnung. Und wie heißt das dann im Fachjargon? Im Prinzip könnte es „positive Belohnung“ heißen.

Nicht jede gedachte Belohnung wirkt verstärkend…

Dummerweise wird in Trainerkreisen lieber von Verstärkung gesprochen, und zwar deswegen, weil wir mit der Belohnung ein Verhalten verstärken möchten. Schließlich bekommt der Hund es ja nicht einfach so, sondern weil er etwas gut gemacht hat. Der Hund soll für das Verhalten belohnt werden, damit er es in Zukunft häufiger zeigt. Das klappt nur dann, wenn der Hund die Belohnung auch als Belohnung ansieht. Dann ist das Verhalten stärker geworden, also verstärkt worden.

Eine hinzugefügte Belohnung heißt also „positive Verstärkung“. Und auch hier meint positiv, dass etwas hinzugefügt wurde und nicht, dass dies die gute Variante ist. Das du das verstehst ist sehr wichtig.

Das Gefühl des Tieres ist Freude. Die Freude über die Belohnung lässt es lernen, das zu tun, wodurch diese Belohnung zu bekommen ist.

3. Strafe/Unangenehmes wegnehmen = Negative Verstärkung

(Auftreten des Verhaltens wird erhöht)

Wenn ich etwas unangenehmes wegnehme, fühlt das Tier Erleichterung. Das fühlt sich gut an, und daher wirkt es auf Verhalten verstärkend.

Ja, ich weiß, jetzt wird es gerade kompliziert. Aber sprich dir die Sätze noch einmal ganz in Ruhe selbst vor. Nach und nach verstehst du, warum das so ist.

Stell dir vor, du bist Schüler und warst laut und unaufmerksam. Du bekommst die Strafe, eine Stunde nachzusitzen. In dieser Stunde bist du ganz artig, und arbeitest so konzentriert an deinen Aufgaben, dass der Lehrer nach 30 Minuten sagt: „Du darfst jetzt nach Hause gehen, das hast du gut gemacht!“ Du fühlst Erleichterung, und würdest es beim nächsten Mal sicher genau so wiederholen, damit du wieder eher aus der Strafzeit entlassen wirst.

Beim Hund könnte eine massive Bewegungseinschränkung wie ein Griff ins Geschirr oder Halsband eine unangenehme Strafe sein. Setzt sich der Hund, wird der Griff gelockert. Dadurch wird sich der Hund in Zukunft schneller zurücknehmen, denn das hat sich gelohnt, die Bewegungsfreiheit ist wieder größer geworden.

Das Gefühl des Tieres ist Erleichterung. Die Erleichterung lässt das Tier lernen, das zu tun, was ihm diese Erleichterung verschafft.

Wenn Strafe hinzugefügt wird, heißt sie positive Strafe. Wenn das Unangenehme danach wieder weggenommen wird, wirkt es verstärkend, und heißt darum negative Verstärkung.

4. Belohnung wegnehmen = Negative Strafe

(Auftreten des Verhaltens wird verringert)

Ein Hund, der gelernt hat, dass es für bestimmte Verhalten Belohnungen gibt, wird merken, wenn diese Belohnung nicht in seiner Schnauze landet, sondern in der Tasche bleibt. 

Das ist negative Strafe. Es wird was weggenommen, nämlich eine erwartete Belohnung, und das fühlt sich doof an, der Hund ist enttäuscht. Darum wirkt es hemmend auf Verhalten. Das Verhalten wird nicht mehr so oft gezeigt.

Wir haben nur diese 4 Möglichkeiten

Wir können also Verhalten verstärken durch positive Verstärkung (Belohnung wird hinzugefügt) und negative Verstärkung (Strafe/Unangenehmes wird weggenommen).

Die Gefühle daraus sind Freude und Erleichterung.

Und wir können Verhalten verringern durch positive Strafe (Strafe wird zugefügt) und durch negative Strafe (Belohnung wird weggenommen).

Die Gefühle daraus sind Angst und Enttäuschung.

Wenn wir uns gedanklich einmal davon befreien, bei Strafe gleich an Peitschenhiebe zu denken, dann können wir erkennen, dass es auch in der Umwelt Formen von Strafe gibt.

Wenn ein Hund es als äußerst unangenehm empfindet, anderen Hunden zu begegnen, ist die Nähe zu ihnen eine Strafe für ihn (entspanntes Verhalten wie Spiel und Fressen wird gehemmt) und entsprechend ein größerer Abstand eine Verstärkung.

Darum kann niemand sagen, „Ich arbeite nur mit positiver Verstärkung“. Denn die Umwelt trainiert immer mit. Und sobald ich Leckerchen oder andere Belohnungen einsetze, steuere ich auch, wann ich nicht belohne.

Wenn mein Hund zum Beispiel bellt, anstatt sich zu setzen, werde ich ihm kein Leckerchen geben. Ich bestrafe ihn damit. Ich wende negative Strafe an. Wenn ich das gut mache, wird er bald nicht mehr bellen, sondern sich auf Signal schnell hinsetzen. Das belohne ich.

Noch viel besser wäre es aber, so zu trainieren, dass der Hund keinen Grund hat, zu bellen. Wenn er nämlich versteht, was ich von ihm erwarte, und wenn er weiß, dass er belohnt wird für sein Verhalten, wird er nicht bellen. Oder wenn er bellt wegen einer Ablenkung, dann arbeite ich zuerst ohne Ablenkungen, damit wir erfolgreich sind. Dann gehe ich so kleinschrittig wie möglich an die Ablenkungen heran, und trainiere so, dass Erfolg wieder immer möglich ist. Im Idealfall brauche ich also nicht einmal die negative Strafe anzuwenden.

Wie würdest du am liebsten lernen?

Ich persönlich bin überzeugt, dass es sich mit Angst und Enttäuschung längst nicht so gut lernen lässt wie mit Freude und Erleichterung. Wenn ich Angst habe, kann ich oft gar nicht richtig denken. Bei großer Enttäuschung kann ich manchmal wirklich wütend werden… und auch dabei bin ich nicht im denkenden Bereich des Gehirns.

Freude zu empfinden ist ja nicht einfach nur „Nett“. Es bedeutet weniger Stress. Wenn du eine Ahnung hast, was alles im Körper passiert, wenn Stress auftritt, wirst du wissen, warum Stress schlecht für die Gesundheit ist.

Dabei ist das nicht unbedingt der Fall, aber wenn wir „Stress“ sagen, meinen wir alle nur den krank machenden, schlechten Stress. Der andere ist der schöne Stress, der durch die Freude entsteht.

Freudige Mitarbeit

Wenn du Belohnungen gefunden hast, die deinem Hund wirklich Spaß machen, kennst du das freudig-angespannte Hundegesicht: „Was kann ich für dich tun?“ scheint er zu sagen. Die Reaktionen auf deine Signale sind schnell, freudig und richtig.

Wegen dieser Gefühle setze ich am liebsten die positive Verstärkung ein. Aber es gibt natürlich noch viel mehr Gründe für das Einsetzen der positiven Verstärkung.

Richtig strafen ist ganz schön kompliziert…

Mit Strafen zu trainieren ist gar nicht einfach, wenn die Strafe wirklich Verhalten verringern soll. Und nur dann ist sie per Definition wirklich eine Strafe. Tut sie das nicht, ist sie einfach nur noch Tierschutzrelevant. Und darunter fällt sogar der immer noch übliche Leinenruck. Er ist Tierschutzrelevant, weil er vermeidbare Schmerzen verursacht, und zusätzlich nicht mal das Ziehen verringert.

Strafe ist oft ein Umweg

Wenn man Verhalten verringert hat, ist noch lange kein gutes Verhalten aufgebaut. Man müsste also zuerst das unerwünschte Verhalten bestrafen und danach ein erwünschtes Verhalten aufbauen. Das ist in vielen Fällen ein Umweg. Denn fast immer kannst du schnell gutes Verhalten aufbauen und damit den „Platz“ für das unerwünschte Verhalten nachhaltig verringern.

Strafe hat Nebenwirkungen

Positive Strafe hat Nebenwirkungen. Nicht selten werden Angst oder Schrecken erzeugende Reize wie die häufig als „gewaltfrei“ angepriesene Rappeldose mit anderen Dingen verknüpft als wir möchten. Du wirfst sie, weil dein Hund etwas nicht tun soll, aber dein Hund verknüpft nicht sein Verhalten damit, sondern etwas im Umfeld, zum Beispiel Menschen, die er sieht, ein Geräusch, Kinder, einen Hund, einen über ihn fliegenden Vogel….  Durch die falsche Verknüpfung entstehen neue Verhalten, die den Menschen Probleme bereiten. Angst vor bestimmten Geräuschen, plötzlich auftretendes Vögel hetzen, anbellen von Kindern…

Im Labor funktioniert positive Strafe gut, aber im echten Leben vermeide ich sie, wann immer es möglich ist. Und es ist so gut wie immer möglich.

Positive Verstärkung ist also nebenwirkungsfrei?

Nein. In der Beziehung wie oben beschrieben ist sie aber zumindest Nebenwirkungsarm, und die Nebenwirkungen sind längst nicht so gravierend.

Dennoch ist es wichtig, auch mit positiver Verstärkung richtig und fachgerecht umzugehen.

Auch mit positiver Verstärkung kannst du für deinen Hund unklare Signale senden, kannst ihn verwirren und Stress auslösen. Das passiert, wenn man beginnt. Denn ohne Hilfe ist es nicht so leicht, Fehler im Training zu entdecken. Erst nach und nach weißt du genug über die Zusammenhänge, um auch selbst kontrollieren zu können, ob du gut trainierst. Ohne zu üben und sich neues Wissen anzueignen geht es auf keinem der Wege. 

Dennoch ist der Vergleich der Nebenwirkungen im Grunde nichtig. Denn die meisten zugefügten Strafen, die angewendet werden, sind tatsächlich Tierschutzrelevant. Wir dürfen einem Tier keine Schmerzen zufügen, wenn es andere Lösungen gibt. Und die gibt es. Punkt.

Schreckreize können zu einer allgemeinen Verunsicherung und Ängstlichkeit des Hundes führen, oder ihn sogar aggressiv reagieren lassen. Wenn das passiert, ist dem Halter nicht geholfen, er kommt vom Regen in die Traufe. Und der Hund badet alles aus, was unwissende Trainer verschuldet haben.

Für mich sind die Nebenwirkungen von positiver Verstärkung vergleichsweise gering, weil sie auch schnell wieder verändert werden können. Der Hund wird durch die Nebenwirkungen längst nicht so tief geschädigt wie es bei zugefügter Strafe passieren kann.

Ganz abgesehen davon, dass du durch zugefügte Strafen schnell das Vertrauen deines Hundes verlieren kannst.

Hier kannst du mehr zu diesem Thema lesen: Gute Beziehung zum Hund 

 

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Über die Autorin Bettina Haas

Bettina Haas, Hundetrainerin aus Leidenschaft, zeigt dir, wie du zum besten Freund und Trainer für deinen Hund wirst. Damit du schnell und nachhaltig zum Erfolg kommst und dein Leben mit Hund (wieder) richtig genießen kannst!

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