Gute Beziehung zum Hund

Ist eine gute Beziehung zum Hund wirklich etwas so Wichtiges? Sollte er nicht einfach gehorchen, egal wie wir das erreichen?

Ich möchte dir hierzu eine Fabel erzählen, nämlich die Fabel von der Gans, die goldene Eier legte.

„Ein Bauer hatte eine Gans, die er gut fütterte und pflegte, und die täglich ein schönes Ei legte. Eines Tages lag ein goldenes Ei im Nest. Erst konnte der Bauer gar nicht glauben, was er sah, und so ging er mit dem Ei zu einem Juwelier, um es schätzen zu lassen. Es war wirklich aus reinem Gold.

Am nächsten Tag fand der Bauer erneut ein goldenes Ei im Nest. Und so ging es weiter, jeden Tag legte die Gans ein goldenes Ei ins Nest. Der Bauer wurde sehr reich.

Dann aber wurde es ihm zu langsam. Er musste ja jeden Tag in den Stall gehen, um das Ei zu finden, und er wollte die Sache beschleunigen. Er schlachtete die Gans, um alle goldenen Eier auf einmal zu bekommen.

Jedoch fand er in der toten Gans kein einziges goldenes Ei mehr, und natürlich konnte er jetzt auch nicht mehr darauf hoffen, jemals ein goldenes Ei im Nest zu finden.“

Gute Beziehung – schlechte Beziehung

Diese Fabel ist ein wunderbares Bild für unsere Beziehung zu unserem Hund. Die Gans symbolisiert die Beziehung. Wenn in der Beziehung zwischen Mensch und Hund alles stimmt, geht es der Gans gut. Die goldenen Eier, die sie dann legt, sind all die wundervollen Verhalten, die unser Hund zeigt, wenn unsere Beziehung von Vertrauen und Liebe geprägt ist.

Wie schaffst du eine gute Beziehung zum Hund?

Vergessen wir aber, die Gans zu pflegen oder kommen wir womöglich wie der Bauer auf die Idee, die Gans zu schlachten, wird es keine goldenen Eier mehr geben. In einer gestörten Beziehung kann kein fröhliches, erwünschtes Verhalten entstehen, sondern es wird zu viel Stress führen, wir erkranken an der gestörten Beziehung und können die goldenen Eier, die einer intakten Beziehung entspringen, nicht einsammeln.

Willst du die Gans schlachten?

Wir Menschen sind oft ungeduldig. Wir trainieren hier und da mit unserem Hund, geben uns Mühe, ihn gut zu erziehen. Zumindest glauben wir das. Dann passiert irgendwas, das uns wach rüttelt. Der Hund hört nicht, er benimmt sich unmöglich. Und es schauen Leute zu. Meine Güte ist das peinlich! Das darf der nicht!

Wir fragen uns, ob der Hund dominant ist, denn das macht der doch jetzt mit Absicht. Wir glauben, ab sofort härter durchgreifen zu müssen.

Aber was passiert, wenn wir so reagieren? Wir wollen die Gans schlachten. Wir setzen die gute Beziehung aufs Spiel. Wollen wir das? Eigentlich nicht. Wir glauben nur, dass wir das tun müssten, damit es in Zukunft besser klappt.

Die Fabel mit der Gans zeigt uns aber, dass dieser Gedanke falsch ist. Wir fühlen es tief in uns, dass wir unsere Beziehung aufs Spiel setzen. Aber der Kopf sagt:“Das muss jetzt sein. Irgendwann ist Schluss mit lustig“.

Der Kopf weiß einfach noch nicht, wie freundliches und effektives, ja sogar effizientes Hundetraining funktioniert. Effektiv heißt Wirksam, wirkungsvoll. Effizient heißt, dass die Wirksamkeit sogar am Aufwand gemessen sehr hoch ist. Oder umgekehrt gesagt: Der Aufwand ist im Vergleich zur Wirkung sehr gering.

Wer gelernt hat, wie gutes, die Beziehung förderndes Training funktioniert, kann das ganze gemeinsame Leben lang die goldenen Eier einsammeln.

Und solltest du jemals in Versuchung geraten, die Beziehung zu deinem Hund durch unsachgemäßes Training, also durch Strafen, Schimpfen, Stress erzeugen, aufs Spiel setzen zu wollen, dann überlege nur kurz, ob du die Gans jetzt wirklich schlachten willst.

Stimmt der Vergleich wirklich?

Ich liebe kritisches Denken. Du glaubst mir das vielleicht nicht, und willst es genauer wissen. Darum möchte ich ein paar Hinweise geben, warum ich der Ansicht bin, dass dieser Vergleich tatsächlich stimmt.

Wir können ja immer wieder Videos sehen, in denen scheinbar in wenigen Einheiten extrem unerwünschtes Verhalten mit Hilfe von Strafreizen in äußerst „braves“ Verhalten verändert wird. Es sieht einfach aus, und der Hund scheint sogar mitzumachen.

Was steckt dahinter? Und warum glaube ich diesen Videos nicht, dass das gutes, nachhaltiges Training ist?

Unser Umgang mit dem Hund bestimmt die Gefühle, die er dabei hat. Ja, Hunde haben eindeutig Gefühle, und sie scheinen denen von uns Menschen sehr ähnlich zu sein. Ich denke, das hat sich mittlerweile herumgesprochen. Auf jeden Fall können Hunde Angst haben, wütend sein, Frustration empfinden, enttäuscht sein, sich freuen, Vorfreude fühlen, interessiert sein, gelangweilt sein, und vieles mehr. Sie können Liebe empfinden und Trauer. Sie können lernen, wem sie Vertrauen schenken können und bei welchen Menschen, Dingen oder Situationen sie vorsichtig sein sollten.

Die 4 Quadranten

Vielleicht hast du schon gehört, dass Hunde viel durch die Konsequenzen lernen. Ja genau, Belohnungen und Strafen. Insgesamt gibt es sogar 4 mögliche Konsequenzen, die Verhalten verändern.

Hier kannst du mehr darüber lesen: Belohnung und Strafe im Hundetraining

Strafen verringern die Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Auftretens eines zuvor gezeigtes Verhalten.

Belohnungen (genauer: Verstärker) vergrößern die Wahrscheinlichkeit des zukünftigen Auftretens eines zuvor gezeigten Verhaltens.

Hier noch mal die 4 Konsequenzen:

  1. Eine Konsequenz macht Angst. Das ist die zugefügte Strafe, wie zwicken oder ein Leinenruck. Das zuvor gezeigte Verhalten wird bestraft.
  2. Eine Konsequenz führt zu Frustration. Das passiert, wenn wir dem Hund das Leckerchen nicht geben, oder bei Leinenzug wie ein Fels stehen bleiben, so dass der Hund keinen Erfolg hat, und nicht zu der interessanten Schnüffelstelle gelangt. Auch hier wird das zuvor gezeigte Verhalten bestraft.
  3. Eine Konsequenz führt zu Erleichterung. Das ist die weggenommene Strafe. Wenn etwas  Unangenehmes aufhört, fühlt man sich erleichtert. Das belohnt das zuvor gezeigte Verhalten.
  4. Die vierte Konsequenz führt zu Freude. Das ist die zugefügte Belohnung. Der Hund bekommt etwas Gutes, es fühlt sich gut an, das zuvor gezeigte Verhalten wird belohnt.

Merkst du was? Eigentlich wollen wir nur Verhalten ändern mit unseren Konsequenzen.

In Wahrheit verändern wir sehr stark die Gefühle.

Wann immer wir trainieren, wirken wir ein auf die Gefühle unseres Hundes.

Und jetzt kommt´s: Gefühle wirken auf das Verhalten.

Gefühle wirken auf das Verhalten

Denke dabei einfach an dich selbst. Wenn du gestresst bist, wie reagierst du dann? Wenn wir gestresst sind, reagieren wir häufig unwirsch, schreien, sind schnell am Ende unserer Impulskontrolle. Oder wir ziehen uns zurück. Wir fühlen uns unsicher, unwohl, und haben gerade kein Vertrauen in uns selbst und dass wir eine Lösung für unser Problem finden. Wir fühlen Kontrollverlust, weil wir nicht wissen, wie wir durch unser Handeln einwirken können, um die Situation gut zu bewältigen.

Wüssten wir es, wären wir nicht so gestresst. Hätten wir Vertrauen in uns, dass wir eine Lösung finden, würden wir uns anders fühlen. Wir wären neugierig, wie die Lösung aussieht und würden so lange probieren, bis wir sie gefunden hätten. Dann wäre es der wenig schädliche Eu-Stress.

Wenn wir nur sehr selten und kurz in Stress geraten, wird die Situation uns nicht gleich entgleiten, dann haben wir noch genug „Puffer“ in uns, um es mit innerer Gelassenheit und vielleicht Humor abzufangen.

Wenn aber der Stress chronisch wird, weil uns zum Beispiel die Arbeitsstelle nicht gut tut, in der wir täglich aufkreuzen müssen, wird der Stress Einfluss haben auf die Gesundheit und auf das Verhalten.

Genau so ist es bei unseren Hunden. Ein Hund, der gelernt hat, dass ihm nichts Schlimmes passiert im Training, der mit seinem Menschen auf einer Basis von Vertrauen und Liebe zusammenlebt, der kann mit kurzer Frustration gut umgehen, wenn gerade mal etwas nicht so klappt. Er wird sich einfach etwas mehr anstrengen, denn er hat die Erfahrung gemacht, dass sein Mensch nichts Unmögliches von ihm erwartet, und dass der Lohn für gute Leistung immer sofort kommt. Dieser Hund ist auch mal kurz in Stress, aber der wirkt nicht krankmachend.

Gefühle bestimmen die Beziehung

Ob unser Hund uns also Vertrauen schenkt, sich grundsätzlich sicher mit uns fühlt und sich freut, wenn wir in der Nähe sind, hängt also davon ab, wie wir mit ihm umgehen.

Das wiederum wirkt auf das Verhalten. Ein entspannter Hund, der Vertrauen hat, kann entsprechend entspannt reagieren, hat genug Kraft, auch anstrengende Situationen gelassen zu überstehen.

Wenn du die Gans nicht schlachtest, sondern sie gut fütterst, ihr Wasser und eine passende Umgebung gibst, so dass sie sich wohl fühlt, dann legt sie dir goldene Eier. Der Hund, der dir in Vertrauen und Liebe verbunden ist, legt dir die goldenen Eier einer schönen, entspannten Beziehung ins Nest. Er wird versuchen, dir alles Recht zu machen, so gut er kann. Je klarer und präziser du mit ihm trainierst, um so wundervoller wird euer Zusammenleben.

Training ohne Angst macht gutes Verhalten

Denn das Training als solches ist immer notwendig, nur über eine gute Beziehung wird kein Hund „brav“ und „folgsam“.

Warum?

Weil er in seiner Hundewelt lebt, und nicht auf unsere menschliche Umgebung angepasst ist. Ein Hund verhält sich immer wie ein Hund, und kann nicht von selbst alle die seltsamen Regeln verstehen, die wir aufstellen. Damit er sie versteht und einhält, dafür müssen wir trainieren.

Training ohne Angst ist dafür gut geeignet. Trainiere so viel wie möglich mit der Konsequenz, die Freude auslöst. Das ist die Positive Verstärkung. Nutze nur selten Frustration und Erleichterung, um deinen Hund nicht unnötig zu belasten. Und lasse das Training über hinzugefügte Strafe möglichst ganz weg.

So stärkst du die Beziehung und gutes Verhalten zugleich, und schlachtest nicht versehentlich die Gans.