Ruhige Begrüßung statt Anspringen und Beißen

Ist dein Hund immer sehr aufgeregt, wenn Besuch kommt? Hier erzähle ich dir, wie ich das Anspringen und Beißen bei der Begrüßung in ein freundliches, ruhigeres Verhalten umtrainiert habe. (Anmerkung: Das war 2017 😊) Für dich eine Anleitung, es selbst zu trainieren!

Begrüßungen gibt es an der Haustür, aber auch dann, wenn einer von uns aus den Büroräumen im oberen Stockwerk nach unten ins Erdgeschoß kommt.

Grace soll uns nicht anspringen und nicht in die Hände beißen

Sie tut es nicht immer. Aber immer wieder mal. Manchmal ist sie auch vollkommen tiefenentspannt, und begegnet uns zärtlich, mit allen 4 Pfoten auf dem Boden, leckt vielleicht die Hände oder kurz am (abgewendeten) Gesicht. Lässt sich streicheln, legt sich auf den Rücken, damit ihr Bauch gestreichelt wird. Oder sie steht und steckt den Kopf zwischen die Beine, während sie sich den Rücken massieren lässt. So haben wir es gerne.

Wenn sie aufgeregt ist, passiert es häufig, dass sie uns anspringt und in die Hände beißt. Sie will uns damit nicht weh tun, sondern auffordern, jetzt unbedingt mit ihr etwa zu tun. Zerrspiele spielen, oder einfach da bleiben und nicht wieder weggehen. Letztlich ist das Verhalten Ausdruck ihrer Erregung.

Dieses Verhalten ist nicht nur lästig und anstrengend, es tut auch wirklich weh. Wir wissen, dass sie uns nicht verletzen oder weh tun will, aber ihre Zähne sind nun einmal hart und kräftig, und sie packt ein wenig zu fest zu, um alle Augen zuzudrücken.

Das wollten wir ändern.

Unser falsches Verhalten

Bei der Aufnahme des „IST-Zustands“ haben wir festgestellt, dass wir nicht richtig reagiert haben. Mein Mann hat immer genörgelt, wenn Grace das gemacht hat. Er hat sich manchmal umgedreht, manchmal ist er auch in die Hocke gegangen, hat sie gehalten und gehofft, dass sie sich beruhigt. Das hat manchmal geklappt, führte aber nicht dazu, dass das Beißen und Anspringen insgesamt seltener wurde.

Ich habe häufig die Hände schützend vor mich gehalten, und sie dadurch extra animiert, in die Hände zu beißen. Auch ich habe mich nicht konsequent weggedreht, sondern ließ die Hände in ihrer Schnauze, bis es so weh tat, dass ich sie weggezogen und geschimpft habe.

Wir fühlten uns beide machtlos gegen dieses Verhalten. Dabei haben wir es jetzt mit ganz einfachen Mitteln wegtrainiert. Naja, wir sind noch dabei, denn bis Grace ihre vielen Wiederholungen des unerwünschten Verhaltens durch viele Wiederholungen des guten Verhaltens ersetzt hat, dauert es noch ein bisschen.

*Nachtrag: Inzwischen begrüßt uns Grace mit 4 Pfoten am Boden und ohne „Beißen“. Das Training war erfolgreich.

So haben wir es verändert

Anstatt zu nörgeln und zu schimpfen arbeiten wir jetzt wieder mit Hilfe der positiven Verstärkung.

Wir sind weggerückt von der Vorstellung, was Grace nicht tun soll, und haben überlegt, was sie statt dessen tun soll.

Grace soll mit 4 Pfoten am Boden bleiben, und uns freundlich und ruhig, am besten mit geschlossener Schnauze, begrüßen.

Ich habe Schälchen mit Leckerchen positioniert an den Stellen, an denen das Verhalten am häufigsten auftritt. Zum Beispiel an der Haustür.

So hat jeder von uns sofort Zugriff auf Futter, das wir auf den Boden fallen lassen. Grace senkt den Kopf und frisst es, das heißt, sie springt nicht und beißt uns nicht. Jetzt können wir schon das Markersignal nutzen. KLICK! und das nächste Bröckchen fällt. KLICK und wieder fällt Futter auf den Boden. Dieses Spiel dauert so lange, bis Grace bereit ist, den betroffenen Menschen mit 4 Pfoten auf dem Boden und relativ entspannt zu begrüßen. Auch das wird weiter markiert. Zur Belohnung wird nun gestreichelt, gelobt, und notfalls rechtzeitig, also bevor sie wieder springen und beißen will vor lauter Aufregung, auch wieder mit Futter belohnt., das auf den Boden fällt.

Manchmal helfen wir uns gegenseitig. Wenn einer von uns nach Hause kommt, steht der andere bereit und wirft ein paar Futterbröckchen in die Wohnung, so dass der Heimkommende erst mal in Ruhe die Schuhe ausziehen kann, und Grace sich schon um eine Stufe beruhigt hat.

Falls Grace aus irgendwelchen Gründen dennoch beginnt zu springen und zu beißen, drehen wir uns jetzt konsequent um. Die Schuld liegt jedoch bei uns. Entweder waren wir zu langsam mit dem Futter, oder haben aus versehen überhaupt nicht reagiert…

Nach dem Wegdrehen können wir sofort wieder markieren, wenn alle 4 Pfoten auf dem Boden sind und nicht gebissen wird.

Erklärung

Was genau haben wir da eigentlich gemacht?

Wir verhindern erfolgreich das unerwünschte Verhalten. Das ist ein wichtiger Punkt, denn wenn das Anspringen und Beißen immer wieder ausgeübt wird, festigt es sich.

Das ist genau so wie beim Lernen von gutem Verhalten. Wenn das erwünschte Verhalten immer wieder ausgeübt wird, dann festigt sich das Verhalten. Und so haben wir im Grunde zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen. Ja, ich weiß, das Sprichwort ist nicht gewaltfrei! 🤪

Wir haben durch die kleinen Veränderungen erreicht, dass das blöde Verhalten nicht mehr weiter geübt wird, und gleichzeitig erreicht, dass Grace fähig ist, ein anderes Verhalten zu zeigen, das uns gefällt. Nämlich eine entspanntere Begrüßung, bei der sie die ersehnten Streicheleinheiten auch bekommen kann, die sie sich eigentlich wünscht.

Und das alles haben wir mit Hilfe von ein paar Kleinigkeiten erreicht. Kleinigkeiten, die man aber tun muss. Du musst bereit sein, Futter hinzustellen, damit du es nutzen kannst. Du musst begreifen, dass Futter streuen keine Bestechung und keine Ablenkung ist, sondern ein Trainingswerkzeug. Und dass du es richtig anwenden musst. Würdest du das Futter von oben in die Schnauze geben, würdest du das Anspringen nicht verhindern, sondern eher verstärken. Denn dabei geht die Nase nach oben, und der nächste Sprung wird vorbereitet.

Warum sagen wir nicht „Sitz“? Ganz einfach: Grace reagiert auf Druck mit Gegendruck. Das heißt, wenn wir bei der Begrüßung von ihr Verhalten erwarten, die sie gerade nur sehr schwer ausführen kann, und dabei selbst unter Druck sind, würden wir ja ebenfalls Druck ausüben. Dann kann sie es erst Recht nicht ausführen, und eine Art Gewaltspirale beginnt. Unsere Variante setzt auf ein Verhalten, das Grace leicht zeigen kann und das sie entspannt. Fressen mit dem Kopf nach unten entspannt.

Das Training ist absolut friedlich. Niemand motzt mehr, weil der Hund ihn anspringt und beißt. Statt dessen hört man:“KLICK! Ja prima, so machst du das toll, feine Grace, mein Mädchen….“ usw.

Solche Worte setzen Glückshormone in uns frei. Wir hören beim Sprechen, dass es gut läuft. Wir sind stolz auf unseren tollen Hund. Grace macht es ja so super. Nur wir müssen dazu lernen!

Immer mit Futter?

Wir werden diesen Ablauf jetzt erst mal eine ganze Weile genau so üben. Grace hat ja wirklich lange genug Gelegenheit gehabt, das Anspringen zu üben. Darum lassen wir uns Zeit damit, ihr jetzt konsequent ein anderes Verhalten zu zeigen. Sie wird jeden Tag lernen, dass es gut ist, nicht zu springen.

Da sie das unerwünschte Verhalten ja nur dann macht, wenn sie aufgeregt ist, gibt es auch genug Gelegenheit, es ohne Futter zu üben, denn wenn sie entspannt genug ist, findet sie Streicheln viel besser.

Wir werden natürlich die Körpersprache von Grace beobachten. Genau so wie wir jetzt nicht 1 Stunde lang Futter auf den Boden werfen, bis wir reinkommen, sondern nur ein paar Bröckchen, bis sie sich genug beruhigt hat, werden wir fortfahren. Es wird immer schneller gehen, sie empfindet es ja ebenfalls als Erfolg, wenn sie endlich von uns richtig begrüßt wird. Das ist ja im tiefsten Inneren ihr Ziel, auch wenn es so aussieht, als ob sie uns umwerfen und fressen will.

Ich rechne damit, dass es in zwei bis vier Wochen bereits fast immer ohne Futter gehen wird. Ob das stimmt, hängt vor allem von uns ab.

Alternative für dich, wenn dein Hund nicht frisst in der Situation

Solltest du einen Hund haben, der sich von ein paar Futterbröckchen nicht davon abhalten lässt, an dir hochzuspringen, benötigst du eine andere Lösung.

Probiere aus, ob dein Hund etwas tragen möchte. Teste, ob er lieber was weiches oder etwas hartes trägt. Vielleicht einen Ball, der geknautscht werden kann?

Oder versuche, ob er ein mit Futter gefülltes  Spielzeug gut genug findet, um sich damit zu beschäftigen, während du erst mal hereinkommst. Danach ist die erste Aufregung meistens schon viel geringer, so dass es keine Probleme mehr gibt.

Es gibt für jeden Hund eine freundliche und stressfreie Variante, ein gutes Verhalten zu lernen.