Oh Schreck, es kommt Besuch?

So klappt es mit deinem Hund!

Eigentlich freust du dich auf deinen Besuch. Du hast alles vorbereitet, Essen gekocht und den Tisch hübsch gedeckt. Wenn da nur nicht dein Hund wäre….

Was Hunde so alles tun, wenn Besuch kommt

Rennt dein Hund bellend zur Tür, kaum dass er draußen den Besuch wahrnimmt? Da reicht meistens schon die klappende Autotür. Spätestens wenn es klingelt, ist kein Halten mehr. Die Dezibelzahl steigt nach oben, du verstehst dein eigenes Wort nicht mehr.

Ansprechbar ist dein Hund ab sofort nicht mehr. Er hat zu tun. Er muss bellen, und das Haus verteidigen. Oder sich freuen. Je nach seinem Typ.

Die verteidigenden Hunde können noch einmal unterteilt werden in diejenigen, die das Haus ein für allemal verteidigen, und sich auch nicht davon abhalten lassen würden, wenn wir nett sind zu unserem Besuch. Diese Hunde werden in den allermeisten Fällen sicherlich in einem anderen Raum sein, wenn Besuch kommt.

Es gibt Hunde, die zunächst sehr echt anschlagen, als ob sie jeden, der reinkommt, wirklich fressen würden, dann aber, wenn Herrchen oder Frauchen dem Besuch die Hand geben, sich das anders  überlegen und den Besucher ebenfalls willkommen heißen. Oder ihn zumindest nicht mehr fressen.

Die anderen Hunde, also die, die vor Freude Samba tanzen oder fast platzen, können ebenfalls eingeteilt werden in zwei Gruppen. Die einen spielen nur ganz kurz verrückt, und wenn der Besuch richtig drin ist, beruhigen sie sich.

Die anderen bleiben aufgeregt ohne Ende.

Brauchen wir also für jeden Hundetyp einen eigenen Trainingsplan? Kommt darauf an.

Nämlich darauf, was du am Ende haben möchtest.

Erschaffe dir Klarheit

Wenn du dein Training planst, musst du als erstes genau wissen, was du erreichen möchtest. Das gilt im Hundetraining wie im übrigen Leben. Alles was du erreichen möchtest, unterliegt dieser Regel.

Überlege dir also genau, was du willst. Nicht was du nicht willst! Viele Menschen antworten mir auf die Frage, was sie beim Besuchertraining erreichen wollen: “Der soll einfach nicht mehr so bellen und hochspringen!“

Das funktioniert nicht. Du brauchst etwas, was dein Hund tun darf. Dazu musst du dir darüber klar sein, dass Hunde das lernen, was sich für sie lohnt. Das bedeutet, wenn dein Hund Besuch sehr toll findet, und die Menschen auch nicht fressen, sondern höchstens ablecken möchte, kannst du die Begrüßung des Besuchs als Belohnung einsetzen. Soweit aus der Sicht des Hundes.

Hast du öfter Besuch von Menschen, die sich nicht so gerne liebhaben lassen von einer nassen Hundenase? Dann solltest du deinem Hund eine andere tolle Belohnung geben, wenn er lernt, den Besuch in Ruhe zu lassen.

Wie du deinen Plan erstellst, hängt also ab von

  1. dir
  2. deinem Hund
  3. deinem Besuch

Wir stehen uns selbst im Weg

Die meisten Hundehalter stehen sich bei dieser Übung selbst im Weg. Weil sie glauben, dass ihr Hund einfach super gerne den Besuch begrüßen möchte, wollen sie es unbedingt erlauben. Das ging mir früher genau so… und das mit einem Hund, der gar nicht wirklich begeistert war von Besuch. Charly hatte einen sehr starken Konflikt mit Besuch. Ein Konflikt entsteht, wenn verschiedene Motivationen angeregt werden. Teils wollte er hin zu den Menschen, teils hatte er Angst, sie tun ihm was. Darum hat er am Ende, wenn er hin durfte, doch immer wieder verteidigt.

Grace ist ebenfalls im Konflikt, aber sie verteidigt nicht. Sie ist eher zurückhaltend, und dadurch ziemlich zufrieden, wenn sie erlebt, dass sie gar nicht hin gehen muss zu den Besuchern, und dass es nicht um sie geht.

In beiden Fällen ging ich zuerst davon aus, dass meine Hunde durch den Kontakt zur Besuchsperson die Angst verlieren würde, unter dem Motto: „Siehste, es passiert nix!“

Das Problem ist: Es passiert dem Hund etwas. Der Hund hat den Besuch nicht eingeladen! Und er hat Stress damit. Würde sich dein Hund wirklich super wohl fühlen, würde er nicht so einen Zirkus veranstalten. Wer das verstanden hat, hat auch kein Problem mehr damit, zu sagen: „Mein Hund muss den Besuch nicht begrüßen“.

Das gilt ganz besonders, wenn der Besucher Angst hat vor deinem Hund. Dann ist nämlich niemandem geholfen mit einer direkten Konfrontation.

Plane dein Training

Wenn Besuch kommt, gibt es mehrere Phasen.

  • Ankommen an der Haustür mit dem Klingeln
  • Öffnen der Haustür, der Besuch ist sichtbar (und besser riechbar)
  • Hereinkommen des Besuchs (häufig in einen engen Bereich, sofern du nicht eine Villa mit riesiger Diele hast)
  • Begrüßung der Menschen untereinander inkl. Jacken aufhängen usw.
  • Hereingehen in den Wohnbereich, dort etwas herumstehen
  • Hinsetzen am Tisch oder auf Sofas und Sessel.
  • Später stehen einzelne Personen auf, um auf die Toilette zu gehen
  • Noch später machen sich die Gäste auf den Heimweg – gleiche Zeremonie rückwärts

Wo soll dein Hund sein?

Besuch zu bekommen ist also eine komplizierte Angelegenheit!

Wenn du diese Phasen anschaust, siehst du schon, wo Engstellen im Haus vorkommen.

Markiere dir diese Engstellen in der Liste rot.

Viele Hunde haben große Probleme mit der Körpersprache von Menschen in engen Räumen. Logisch, wenn es sowieso schon so eng ist, dass ich nicht ausweichen kann, habe ich eher Angst, dass mir etwas passiert. Falls du es nicht glaubst, begib dich mit deinen Augen auf die Augenhöhe deines Hundes und lasse Besuch eintreten. Wenn du nicht gerade eine Deutsche Dogge hast, wirst du dich wundern…

Du kannst für jede Phase überlegen, wo sich dein Hund befinden soll. Ich trainiere gerne, dass der Hund gleich beim Klingeln von selbst auf seinen sicheren Platz geht, dort bleibt und etwas Gutes zum Kauen bekommt. Der sichere Platz kann auch ein schließbarer Kennel sein, also eine Box. Natürlich brauchst du für das Training eine Vorlaufzeit, damit sich dein Hund in seiner Box wohl fühlt.

Du kannst also nicht einfach anfangen und husch-husch ist alles palletti.  Aber auf die Weise ersparst du dir viel Unruhe in den ersten Phasen des Besuches. Wenn erst mal alle sitzen, und langsam Ruhe einkehrt, kannst du den Kennel öffnen und deinen Hund rauslassen.

Je nachdem, wie er sich fühlt, kann er frei laufen oder bleibt bei dir an der Leine. Entspanne ihn, während er sich mit dir ein wenig abseits vom Besuch befindet.

Wenn der Einsatz einer Box nicht in Frage kommt, kann vielleicht dein Partner einspringen. Einer von euch hält den Hund an der Leine und füttert ihn, während der andere den Besuch empfängt. Wenn alle sitzen, ist es dann genau so wie oben beschrieben.

Eine dritte Möglichkeit ist, dass dein Hund in einem separaten Raum ist, bevor der Besuch kommt. Dann muss eben in diesem separaten Raum ein sicherer Platz für deinen Hund aufgebaut werden.

Manche Hunde entspannen besser im Auto als in einem Raum in der Wohnung, wo sie den Besuch hören. Das hängt von deinem Hund ab. Wähle die Lösung für euch, die euch beiden gut liegt. Vergiss aber nicht, dass es im Sommer sehr schnell viel zu heiß wird im Auto…

Wenn du geklärt hast, wo sich dein Hund befindet in jeder Phase, überlege, in welcher Stimmung er sein soll.  Ich gehe davon aus, dass du eben keinen aufgeregten Hund neben dem Besuch hüpfen sehen willst, sondern eine ruhige Stimmung suchst.

  • Entspannt?
  • Aufmerksam?
  • Schlafend?
  • Soll er sich mit einem Kauspielzeug beschäftigen?
  • Beschäftigst du dich mit ihm?
    • Wie tust du das?

Solche Fragen sind wichtig, damit du ein klares Bild von der Situation bekommst. Wenn du ein klares Bild hast, kannst du dafür sorgen, dass dein Hund nicht nur unter viel Impulskontrolle und / oder Frustration an einem bestimmten Ort bleibt, sondern genau die Stimmung hat, die du möchtest.

Frage dich dafür immer:

Was braucht mein Hund, um in dieser Situation entspannt / aufmerksam zu sein, zu schlafen, sich mit seinem Kauartikel zu beschäftigen?

Auch dafür benötigst du einige Zeit, um das gewünschte Verhalten ohne Besuch auf Wunsch zu erreichen. Erst dann kommt der Besuch dazu.

Entspannungstraining

Wenn du noch kein Entspannungstraining mit deinem Hund gemacht hast, empfehle ich dir das dringend. Das Training wird dir helfen, dass dein Hund schneller entspannt und in aufregenden Situationen ansprechbar bleibt. Es führt leider nicht dazu, dass dein Hund auf ein Wort zur Seite kippt und pennt. Aber das brauchst du auch nicht, wenn du das Entspannungstraining gut geübt hast. Lies hier weiter, wenn du mehr darüber wissen willst: Immer gechillt?

Jetzt geht es los

Wenn dein Hund beim Klingeln so sehr ausflippt, dass du ihn nicht ansprechen kannst, beginnt das Training genau da.

Du übst zunächst direkt an der Haustür, indem dein Hund angeleint neben dir vor der Haus-oder Wohnungstür steht. Du klingelst und gibst ihm sofort ein Leckerchen.

Das wird so lange wiederholt, bis dein Hund keine aufgeregte Reaktion mehr zeigt, sondern erwartungsvoll zu dir schaut, um sein Futter nicht zu verpassen.

Dann kann dein Hund innen stehen, während du außen klingelst, und du wirfst ihm das Futter zu.

Nun brauchst du eine Hilfsperson, die das Klingeln übernimmt. Du gibst wie vorher deinem Hund nach jedem Klingeln sofort ein Guttie. Nach und nach begibst du dich immer weiter weg von der Haustür, bis du dort angekommen bist, wo du deinen Hund am Ende sehen möchtest, wenn es klingelt.

Ab dem Zeitpunkt bekommt dein Hund mit jedem Klingelton sein Futter auf diesem Platz.

Er lernt dabei, dass es sich lohnt, auf diesen Platz zu gehen, wenn es klingelt, und dass das Klingeln eben nicht immer bedeutet, dass Besuch kommt. Damit das wirklich gut klappt, sollte dein echter Besuch am besten telefonisch Bescheid sagen, wenn  er vor der Tür steht, und nicht klingeln. Denn nur dann wird dein Hund in Ruhe lernen, dass er sich nicht aufregen muss beim Klingeln.

Sehr gut geht das Training auch mit Familienangehörigen. Wenn diese Entkopplung des Klingeltons geklappt hat, können die Familienmitglieder gezielt klingeln, wenn sie nach Hause kommen, und einer ist innen bereit, um den Hund auf seinem Platz fürstlich zu belohnen. Nach dem Freizeichen darf der Hund natürlich wie gewohnt die Familie begrüßen.

Nun bist du bald bereit, Besuch zu empfangen. Beginne mit eingeweihtem Besuch, der genau weiß, wie er sich verhalten soll. Und der bereit ist, notfalls vor der Tür ein wenig zu warten, wenn du deinen Hund noch sortieren musst.

Bleibe immer ganz entspannt. Es kann ja nichts passieren! Wenn du entspannt bleibst, und nicht hektisch dem Postmann öffnen willst, dann ist dein Training optimal. Der Post hängst du einen Zettel hin, wenn es zu lange dauert, sollen sie das Paket vor der Haustür abstellen. Du trainierst mit deinem Hund „Keine Menschen fressen“.  

Foto Fotolia ©️ javier brosch