7 Tipps für deinen sicheren Rückruf

7 Tipps für deinen sicheren Rückruf

Viele Menschen glauben, dass ihr Hund einfach kommen muss, wenn sie rufen. Punkt. Schließlich ist er der Hund, und wir sind sozusagen für ihn der Nabel der Welt. Oder?

Wir sind nicht so wichtig, wie wir glauben.

Hunde haben viele Interessen. Zumindest gesunde Hunde. Unter Interessen verstehe ich jetzt nicht Agility und Obedience, sondern hundliche Interessen. Sie tauschen sich aus über Gerüche, die am Wegesrand „gelesen“ werden müssen. Sie lieben es, Dinge zu finden, die man tragen oder fressen kann. Sie suchen nach Sexualpartnern. Sie möchten Wildspuren nachgehen, Wild aufstöbern und am allerliebsten auch hetzen.  Sie buddeln nach Mäusen.

Und sie setzen sich mit der Umwelt auseinander, die wir Menschen ihnen  bieten. Das tosende Leben zu beobachten gehört auch zu den Hobbys vieler Hunde.

Alle diese Dinge sind äußerst interessant für Hunde. Das zu tun, was ihnen von der Vererbung her liegt, ist immer das Wichtigste im Leben.

Natürlich liebt mein Hund mich. Aber ich glaube nicht daran, dass die Liebe ausreicht, um Grace zum Abstoppen zu bringen, wenn sie einen Hasen laufen sieht. Ihre Genetik als Jagdhund sagt ihr, dass sie sofort hinterher rennen muss. Sie versteht nicht, warum sie das nicht tun sollte.

Oder nehmen wir einen Hund, der unglaublich gerne mit anderen Hundekumpels spielt und tobt. Mitten im Spiel auf einen Ruf von seinem Menschen zu hören, sofort das Spiel zu unterbrechen und zu ihm hinzulaufen, ohne sich um die anderen zu kümmern, ist mehr als eine große Herausforderung.

Beim Spiel mit andern Hunden müssen wir sogar noch extra Rücksicht nehmen, und genau beobachten, in welchem Moment wir überhaupt rufen sollten. Aber das genauer zu erläutern führt hier zu weit.

Wir sind nicht so wichtig, wie wir glauben. Die Genetik des Hundes macht sie zwar kooperativ mit uns. (Ja, auch das gehört dazu. Versuche mal, einen Wolf abzurufen.)

Das bedeutet aber nicht, dass solche Dinge wie der Rückruf im Hund eingebaut sind und ohne weitere Bemühungen unsererseits klappen.

Vielleicht verstehst du jetzt ein bisschen, warum der Rückruf so eine Art Königsdisziplin ist. Wir müssen gegen die angeborenen Bedürfnisse arbeiten. Wir müssen da etwas gegen setzen, das zumindest fast genau so schön ist für den Hund. Es geht um Belohnungen.

1. Tipp:

Schreibe dir eine Top Twenty Liste. 

Das ist eine Liste mit den Lieblingsbeschäftigungen deines Hundes. Alles daraus, was erlaubt ist, kannst du als Belohnungen einsetzen. 

Hier findest du einen Beitrag zu dem Thema: Verstärker finden

Warum?

Dein Hund hat eine weitaus größere Motivation zu kommen, als wenn es nur ein Leckerchen oder gar nur Lob gibt.

2. Tipp:

Halte dich nicht an einer Superbelohnung fest.

Nutze regelmäßig verschiedene Belohnungen aus der Liste. 

Warum?

Abwechslung macht es spannend.

3. Tipp:

Erstelle Ablenkungslisten.

Überlege dir, was deinen Hund besonders stark ablenkt. Schreibe das auf eine Liste.

Sortiere diese Liste nach Ablenkungsgrad.

Überlege dir dann, in welchen Situationen du jetzt schon glaubst, dass dein Hund auf den Rückruf reagieren kann. Schreibe auch das auf eine Liste, sortiere gegebenenfalls nach Ablenkungsgrad.

Füge nun beide Listen untereinander, so dass du eine genaue „Wegbeschreibung“ für dein Training hast. Du beginnst in den einfachen Situationen und arbeitest dich immer dann eine Stufe höher, wenn dein Hund in mindestens 8 von 10 Mal auf deinen Rückruf gehört hat.

Auch wenn du bereits mit stärkeren Ablenkungen übst, wiederhole den Rückruf auch in einfachen Situationen immer wieder, damit du eine starke Belohnungsgeschichte aufbaust.

Hier geht es weiter zum Training an Ablenkungen: Wie du erfolgreich an Ablenkungen trainierst

Warum?

Du erreichst dein Ziel nur dann, wenn du Fehler minimierst. Das heißt: Wenn du rufst, soll dein Hund kommen können. Damit er auch bei großer Ablenkung kommen kann, muss er es in kleinen Schritten in seinem Tempo lernen. Bei der geringsten Ablenkung zu beginnen bedeutet, dass du sofort Erfolg hast. So soll es weitergehen.

4. Tipp:

Gib klare Signale.

Suche dir ein klares Wortsignal für deinen Rückruf. Beispiel: „Zu mir!“

Bleibe nicht frontal stehen, wenn du rufst, sondern hilf mit deiner Körpersprache klar auszudrücken, dass dein Hund herzlich eingeladen ist, zu dir zu kommen.  Lächle. Gehe etwas rückwärts oder stelle dich seitlich hin.

Wenn du mehr über Signale wissen willst lies hier: Hört dein Hund auf`s Wort?

Warum?

Eine steife, frontale Körpersprache sagt dem Hund: „Bleib bloß weg!“

Durch häufige Misserfolge steht der Mensch schon verkrampft da, wenn er nur daran denkt zu rufen. Der Hund kennt die Signale und bleibt lieber gleich weg. Darum hilf ihm zu verstehen, dass du freundlich gesonnen bist und dich auf sein Kommen freust.

5. Tipp:

„Von 10 Mal rufen nur 1 Mal anleinen.“

Den Tipp kennst du vielleicht. Ich schaffe das nicht, da bin ich ganz ehrlich. Aber wichtig ist die Botschaft: Das Zurückkommen darf natürlich nicht mit Anleinen bestraft werden, während das Belohnen völlig vergessen wird.

Übe regelmäßig mit deiner Belohnungsliste, nutze die Vielfalt deiner Möglichkeiten. Natürlich musst du deinen Hund anleinen, wenn es nötig ist. Aber wenn er weiter frei laufen kann, darfst du ihm das auch gönnen. Denn das ist vermutlich eine ganz tolle Superbelohnung.

Du kannst auch üben, deinen Hund für kurze Zeit anzuleinen, um ihn dann wieder in den Freilauf zu entlassen. Mache das Anleinen angenehm durch weitere gute Stimmung und Belohnungen, während ihr an der Leine geht.

So lernt er, dass das Anleinen nicht das Ende von allem Schönen ist.

Warum?

Das Warum ist oben schon enthalten: Das Kommen muss sich immer lohnen für deinen Hund.

6. Tipp:

Trainiere an Ablenkungen

Ich immer, dass wir jedes Signal zuerst ohne Ablenkung trainieren. Und viele bleiben darauf stehen, und üben immer nur ohne Ablenkung. Das kann nicht funktionieren. Wir müssen gerade beim Rückruf an allen Ablenkungen üben, in allen Situationen, in denen wir den Rückruf brauchen.

Wenn du tatsächlich deine Ablenkungslisten geschrieben hast, dann hast du viele Möglichkeiten für gute Trainingseinheiten gefunden. Du lernst dabei unmerklich, wie du zum Erfolg kommst. Du machst gute Erfahrungen, genauso wie dein Hund.

Du wirst mit zunehmendem Training immer sicherer werden und lernen, wann du rufen kannst und wann nicht.

Du lernst auch, wann du deinen Hund besser an die Schleppleine nimmst, um eben nicht rufen zu müssen

Dein Hund lernt, dass du glücklich bist, wenn er kommt, denn er hat viele Gelegenheiten, das zu erleben. Das alte Muster von Schimpfen, Strafen, Anleinen und nach Hause gehen wurde überschrieben von spannenden Belohnungen, einem lachenden oder lächelnden Gesicht, Streicheln, und weiterem Freilauf.

Nach einiger Übung wirst du so sicher sein, dass dein Hund kommen wird, wenn du ihn rufst, dass du dafür 100,-€ verwetten würdest. Und wenn dein Hund dann auch tatsächlich kommt, hast du wirklich gewonnen.

Warum?

Weil du und dein Hund am besten lernt, wenn ihr ganz viele Erfolge erlebt. Positive Verstärkung rockt, das beweisen täglich die guten Ergebnisse. Du musst nur wissen, wie. Und das weißt du jetzt.

7. Tipp:

Niemals Strafen!

Sollte tatsächlich einmal der Super-GAU eintreten, und dein Hund ist für eine kürzere oder längere Zeit weg, schimpfe bitte niemals mit ihm, wenn er sich dir wieder nähert. Ich weiß nur zu gut, wie weh das tut. Du hast Angst um deinen Hund, Angst um das Wild, Angst im Wald alleine zu stehen… oder du schämst dich, weil andere Hundehalter zusehen.

Auch wenn viele das nicht zugeben: Ich bin mir sicher, dass jeder so einen Moment schon erlebt hat. Also kümmere dich nicht darum, was andere von dir denken.

Schlucke deinen Ärger hinunter, und beginne zu lächeln. Lächle was das Zeug hält. Lächle, bis du deinen Hund wieder siehst. Nimm ihn freundlich – oder höchstens neutral- in Empfang, leine ihn an, gib ihm danach vielleicht sogar eine kleine Futtergabe, und nimm dir vor, zu Hause das Ganze einmal in Ruhe zu überdenken. Was genau war passiert? Was kannst du beim nächsten Mal besser machen?

Sieh dir dabei deine Ablenkungslisten noch einmal genau an. Vielleicht hat sich etwas geändert? Ist eine Ablenkung zu einer größeren Herausforderung für deinen Hund geworden?

Warum?

Wenn du deinen Hund bestrafst, wenn er wieder zu dir kommt, wird er das nächste Mal natürlich nicht mehr gerne zu dir kommen. Er wird Angst haben, wieder bestraft zu werden. Selbst Schimpfen und unsanftes Anleinen kann empfindsame Hunde vorsichtig werden lassen. Dein Hund soll aber jederzeit gerne und mit Freude zu dir laufen. Angst ist kein guter Trainer.

Mit diesen 7 Tipps für einen erfolgreichen Rückruf kannst du es tatsächlich schaffen, deinen Hund mit einer hohen Erfolgsrate rufen zu können.

_________

So wird dein Ruf unwiderstehlich: Rückruf-Magie

Über die Autorin Bettina Haas

Bettina Haas, Hundetrainerin aus Leidenschaft, zeigt dir, wie du zum besten Freund und Trainer für deinen Hund wirst. Damit du schnell und nachhaltig zum Erfolg kommst und dein Leben mit Hund (wieder) richtig genießen kannst!

7 Antworten

  1. Warum für alles Leckerlis? Dass ist doch ein Schwachsinn, dann muss man immer den hund damit locken. Kann man nicht nur mit loben trainieren?
    Leckerlis, dies hab ich mit meinem ersten Hund gemacht und dannach wollte er ohne Belohnung nichts mehr machen.

    1. Hallo Tina,

      vielen Dank für deine kritische und ehrliche Frage.
      Ich frage gleich mal kritisch zurück: Hast du den Artikel gelesen?
      Wo steht denn, dass ich immer Leckerlis nutze? Gleich im ersten Tipp heißt es:

      „Schreibe dir eine Top Twenty Liste.
      Das ist eine Liste mit den Lieblingsbeschäftigungen deines Hundes. Alles daraus, was erlaubt ist, kannst du als Belohnungen einsetzen.

      Willst du mehr wissen darüber? Klicke hier: Finde heraus, was deinem Hund wirklich Spaß macht!

      Warum?
      Dein Hund hat eine weitaus größere Motivation zu kommen, als wenn es nur ein Leckerchen oder gar nur Lob gibt.“

      Außerdem ist Belohnen mit Futter etwas ganz und gar anderes, als mit Futter zu locken. Locken ist auch eine Trainingstechnik, aber sie wird nicht immer und überall angewendet.
      Wer mit Futter als Verstärker arbeiten will, muss wissen, wie das geht. Während du beim Locken das Futter als Lockmittel einsetzt, um dem Hund eine Idee zu geben, welche Bewegung du von ihm erwartest, wirst du beim Belohnen das Futter nicht vorher zeigen, sondern erst nach dem gewünschten Verhalten herausholen und dem Hund präsentieren.

      Das ist ein großer und wichtiger Unterschied. Leider wird das häufig falsch verstanden und falsch praktiziert, so dass der Eindruck entsteht, dass es am Futter liegt, wenn der Hund es nicht lernt. Dabei liegt es am Menschen, der die Trainingstechnik nicht fachgerecht anwendet.

      Ich hoffe, ich konnte mit diesem Beitrag das Wort „Schwachsinn“ in Bezug auf Training mit Verstärkern in deinem Gehirn wieder löschen. Meine Erfahrung sagt mir, dass es eine äußerst effektive und schöne Art zu trainieren ist.

      Herzlich
      Bettina

  2. Hallo Bettina Ich folge dir ja nun schon einige Zeit auf Facebook und Instagram und ganz ehrlich ich finde deine Tips sehr nützlich . Ich benutze inzwischen nicht nur Leckerlis, bei gewünschten Verhalten zumal Gina im Stress auch oft die Leckerlis verweigert. Stress ist bei Ihr Strassen Lärm und Manchmal andere Hunde die an der Leine dauer kläffen. Dafür lasse ich sie aber beim Rückruf z.B wenn sie sofort kommt mal als Belohnung länger irgendwo Schnüffel oder wenn sie will auch zu anderen Hunden hin die sie kennt und natürlich bekommt sie ganz viel Lob. Im moment ist ein verstärker zum Beispiel bei gewünschtem Verhalten mit mir durch den Schnne zu rennen.
    Danke das es dich gibt und für deine hilfreichen Tipps

  3. Hallo Bettina

    Haben unseren China Powder Puff schon 6 Monate, ist jetzt er 11 Monate alt und ich habe ehrlich gedacht, ich habe den Rückruf im Griff.
    Sammy hört auf die Pfeife, es gibt besondere Leckerlis.
    Bis heute Nachmittag.
    Sammy hat das erste mal einen Hasen gesehen und sofort verfolgt. Er hat auf nichts mehr reagiert, Pfeife und Rückruf waren wie weggewischt.
    Dieser chinesische Schopfhund Powder Puff ist wie durch einen Tunnel gelaufen, ein Wahnsinns Jagdtrieb.
    Erst nachdem er fix und alle war, hat er sich anleinen lassen und ist ohne Schwierigkeiten ins Auro gesprungen.

    Du hast alles super erklärt, aber gefühlt ist dieser Hund nicht zu bändigen, wenn er nochmal so eine Begegnung hat.

    Beste Grüße von D. Grieser

    1. Hallo,

      vielen Dank für die Frage. Ja, es gibt Dinge, die man so nicht erwarten würde, nicht wahr? Jeder Hund kann einen starken Jagdtrieb entwickeln. Und ich habe schon viele Hunde erlebt, die erst im Alter von fast einem Jahr oder älter Interesse am Jagdverhalten zeigen.
      Der Rückruf wurde nur mit Futter aufgebaut, richtig? Das ist vermutlich der Grund, warum es beim Abruf vom Hasen nicht klappen konnte. Das Hundegehirn hat einfach eine Rechnung erstellt: Was ist wertvoller? Dem Hasen hinterherlaufen oder zu meinem Menschen rennen? Hase = Riesengaudi und evtl. Jagderfolg. Pfeife und Mensch = besonderes Leckerchen. Gewonnen hat Hase jagen.

      Diese einfache Rechnung machen Hunde – und wir können so trainieren, dass sie eine andere Rechnung machen – und auf Pfiff auch gerne zurückkommen. Ja, es macht etwas Arbeit. Wir bauen dafür den doppelten Rückruf auf und arbeiten mit vielfältigen Belohnungen.
      Ich habe dazu den Onlinekurs „Rückruf-Magie“ erstellt, und falls das interessant ist für Dich, melde Dich gerne bei mir.

      Liebe Grüße
      Bettina

        1. Liebe Rita,

          das freut mich sehr, dass Du meine Ideen so gut umsetzt und Erfolge erzielst! Vielen Dank für das nette Feedback! ❤️

          Liebe Grüße
          Bettina

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