Was ist eine Umorientierung?

Umorientierung

 Was ist eine Umorientierung?

Wenn ich meinen KundInnen sage, dass wir die Umorientierung trainieren werden, ernte ich meistens große Augen. „Was ist das denn?“ werde ich gefragt. 

Das ist eine Umorientierung

Umorientierung definiere ich als ein leichtes Abwenden von einer Ablenkung. Das kann eine kleine Bewegung des Kopfes sein, der sich ein wenig von der Ablenkung weg bewegt. Oder ein Ohr, das zu dir gerichtet wird. Es sind also ganz kleine Zeichen möglich, die dein Hund sendet, um dir zu signalisieren, dass der dich gehört hat und im Prinzip jetzt bereit ist, ein Signal zu befolgen.

Was ist eine Umorientierung?

Wofür ist die Umorientierung gedacht?

Um mit deinem Hund zu kommunizieren benötigst du seine Aufmerksamkeit. Wenn vor euch eine spannende Ablenkung zu sehen ist, wird dein Hund dir keine Aufmerksamkeit schenken können. Und genau das üben wir mit diesem Signal.

Wir üben ein Abwenden des Kopfes von der Ablenkung.

Wo der Kopf hindeutet, geht die Aufmerksamkeit hin. Dreht der Hund seinen Kopf leicht von der Ablenkung weg, bedeutet das, dass eine Menge seiner Aufmerksamkeit nicht mehr auf die Ablenkung gerichtet ist, und somit frei ist für dich und weitere Informationen von dir.

Mit einem gut aufgebauten Umorientierungssignal kannst du deinen Hund auch bei großer Ablenkung ansprechen und ihm weitere Signale geben, was du jetzt von ihm möchtest.

Das Umorientierungssignal ist außerdem ein Teil im „Doppelten Rückruf“.

Was ich nicht meine mit Umorientierung

  • Blickkontakt
  • Zu mir kommen
  • Sich komplett umdrehen und mich direkt anschauen

Warum können wir nicht einfach den Blickkontakt nutzen anstatt wieder ein extra Signal aufzubauen?

Das Blickkontaktsignal fordert vom Hund eine noch viel größere Impulskontrolle als das, was wir bei der Umorientierung erwarten. Denn ein leichtes Abwenden des Blicks von der Ablenkung ist viel einfacher als ein komplettes Umdrehen und den Blick auf dich richten.

Umorientieren bedeutet auch nicht zwangsläufig zu dir zu kommen. Selbstverständlich wirst du deinen Hund feiern, wenn er zu dir kommt nach dem du das Signal zur Umorientierung gegeben hast. Aber erwarte nicht, dass er das tun muss, wenn du das Signal gibst.

Genauso sieht es aus mit einer kompletten Drehung des ganzen Körpers. Hunde kommunizieren mit sehr feinen Mitteln, und eine komplette Drehung  ist so ziemlich das Gegenteil von einem feinen körpersprachlichen Signal. Das ist eher ein sehr groß gedruckter Text.

Wovon hängt das Gelingen ab?

Um ein Umorientierungssignal gut aufzubauen, musst du diese Anleitung gründlich lesen und verstehen. Du benötigst ein Markersignal, um das richtige Verhalten punktgenau markieren und anschließend belohnen zu können.  Dazu wiederum brauchst du Belohnungen, die zur Motivation des Hundes in der Situation passen.

Du wirst das neue Signal zuerst aufbauen, und später nutzen. Am besten funktioniert die Nutzung, wenn parallel weiterhin immer mal trainiert wird, ohne das besondere Ablenkungen vorhanden sind.

Beim Aufbau wird dein Hund dir mehr Aufmerksamkeit schenken können als bei großen Ablenkungen. Denke daran, wenn du das Signal nutzt, denn du musst rechtzeitig markieren und belohnen, damit dein Hund seine Aufmerksamkeit nicht schnell wieder der Ablenkung zuwendet.

Welches Signal eignet sich?

Du kannst als Umorientierung ein Wort wählen, oder auch eine Pfeife benutzen. Worte eigenen sich bis zu einer gewissen Entfernung, abhängig von der individuellen Lautstärke deiner Stimme. Aber auch bei einer Pfeife solltest du darauf achten, dass sie gut zu hören ist.

Denn obwohl Hunde ein sehr gutes Gehör haben, bedeutet das nicht, dass sie auch den leisesten Ton von dir noch auf große Entfernung hören. Luft trägt Töne nicht unendlich weit in gleicher Qualität. Besonders die für uns nicht hörbare Hochfrequenz wird schlecht übertragen. Hochfrequenzpfeifen sind daher nicht so gut wie eine für dich gut hörbare Pfeife.

Bedenke einfach, dass dein Hund das Signal gut hören können muss, um es befolgen zu können.

Wenn du ein Wort wählst, nimm auch eines, das du gut rufen kannst und magst, auch wenn vielleicht andere Leute in der Nähe sind.

Mir gefällt „Jahoo“ sehr gut. Aber auch „Kuckuck“ oder ein anderes Wort ist gut.

So baust du dein Signal auf

Du brauchst für den Aufbau im zweiten Schritt ein Markersignal. Außerdem benötigst du verschiedene Belohnungsmöglichkeiten, wie Futterbelohnungen, Spiel, Körperkontakt…

Emotionale Verknüpfung

Als erstes lernt dein Hund, dass das neue Wort etwas mit ihm zu tun hat. Wir nennen es die „emotionale Verknüpfung“, weil dein Hund ein richtig gutes Gefühl mit dem Signal verbinden soll.

Das geschieht, indem du das neue Signal gibst und sofort danach eine Belohnung folgen lässt. Dein Hund wird diese Verknüpfung schnell lernen, wenn die ausgesuchten Belohnungen aus seiner Sicht tatsächlich verstärkend sind.

Das heißt nichts anderes, als dass dein Hund „Yeah, toll!“ sagen sollte (nein, nicht wirklich sagen, aber so etwas ähnliches fühlen) wenn er die Belohnung erhält.

Du merkst es ganz einfach daran, dass der Aufbau des Signals ein Kinderspiel zu sein scheint. Wenn dein Hund es wichtig genug findet, sich bei jedem Mal zu dir umzuorientieren, sind deine Belohnungen tatsächlich Verstärker.

Du sagst dein Wort – und gibst sofort deine Belohnung.

Wiederhole das ein paar Mal, bis du merkst, dass es fast immer gut klappt.

Dann gehst du schon zum nächsten Schritt über, der Verhaltensverknüpfung.

Verhaltensverknüpfung

Du gibst wieder dein Signal, und sobald dein Hund freudig zu dir schaut ( was er am Anfang vermutlich tut, weil du vermutlich mit Futter belohnst, und er sich zum Futter umschaut) gibst du das Markersignal.

Du sagst dein Wort – Dein Hund orientiert sich um – Markersignal – Belohnung geben.

Vergiss nicht, dass wir an einer Umorientierung und nicht an einer andauernden Aufmerksamkeit arbeiten. Sobald dein Hund  dir länger anhaltend Aufmerksamkeit schenkt, gibst du ihm sein Freigabesignal („Na lauf“ oder „Ende“, „Fertig“ oder etwas ähnliches)

In welchen Situationen sollst du üben?

Bevorzugt üben, wenn der Hund abgelenkt ist

An allen Ablenkungen für den Hund üben

Belohnungen sollten möglichst zur Ablenkung passen:

laufen lassen

schnüffeln lassen

fressen lassen

überraschend und unvorhersehbar sein

30 Sekunden Partyspiel

wechselnde Superleckerchen

Futterspiel

Futtertube

Suchaufgabe

Spiel mit dem Menschen

Was kann schief gehen?

Falsche Erwartungen

Häufig wird doch irgendwann plötzlich erwartet, dass sich der Hund vollkommen umdreht oder seinen Menschen direkt anschaut. Das ist aber nicht der Sinn des Umorientierungssignals.

  • Achte auf die kleinen Körpersignale deines Hundes.
    • ein Ohr dreht sich in deine Richtung
    • die Nase bewegt sich leicht zur Seite
  • Gib sofort das Markersignal, wenn du diese Zeichen siehst
  • Lasse deine Belohnung folgen

Falsche Belohnungen

Wenn du schon eine Top Twenty Belohnungsliste hast, nutzt du die oberen 10 Dinge für die Umorientierung. Dieses Signal sollte schon hochwertig belohnt werden, aber nicht immer mit der gleichen Superbelohnung, vor allem dann, wenn diese Superbelohnung sowas wie die Leberwursttube ist.

Warum nicht? Dein Hund wird – schlau wie er ist – abwägen, ob ihm die Ablenkung da vorne hochwertiger erscheint oder deine Belohnung. Genauer gesagt: Sein Gehirn tut das Und die Berechnung des Gehirns wird ihm sagen, dass die Ablenkung sehr viel spannender sei als deine Superbelohnung, weil er die ja sowieso öfter bekommt.

Dadurch, dass du die eine Superbelohnung im Training dauernd verwendest, wird sie außerdem weniger hochwertig. Auch logisch, oder? Etwas, dass im Übermaß verwendet wird, verliert seinen Reiz. Stelle dir nur vor, du könntest den ganzen Tag Schokolade essen – ich glaube, spätestens nach 2 Tagen möchtest du endlich mal wieder was anderes bekommen.

Aber auch umgekehrt kann es schief gehen: Wenn du nie die hochwertigste Belohnung nutzt, die du für deinen Hund kennst, belohnst du dieses wichtige und für deinen Hund schwierige Signal nicht hochwertig genug.

Die Devise lautet also: So häufig wie nötig und so selten wie möglich.

Spiel zur Erhöhung der Belohnungsvielfalt

Trainiere auf einem Spaziergang die Umorientierung mit 3 verschiedenen Belohnungen.

Erhöhe beim nächsten Mal auf 5 verschiedene Belohnungen.

Erhöhe weiter, bis du das Signal mit 10 verschiedenen Verstärkern verknüpfen kannst.

Trainingsvarianten

Gratis-Verknüpfung

Wenn du trainieren möchtest, dass dein Hund dich auch freiwillig häufig mit einer Umorientierung beglückt, nutze die Gratis-Verknüpfung:

Nutze die freiwillige Umorientierung deines Hundes

Gib dein Umorientierungssignal

Gib dein Markersignal

Gib deine Belohnung

Sichere Verknüpfung

Gib dein Umorientierungssignal dann, wenn du weißt, dass sich dein Hund gleich umorientieren wird.

Wenn er es tut, folgt das Markersignal

und die Belohnung

Starke Verknüpfung

Ein weiterer „Trick“ ist es, ein Lieblingsverhalten oder ein Hobby deines Hundes als Belohnung einzusetzen. Weil es deinem Hund ein Bedürfnis erfüllt, wirkt es besonders hochwertig.

Für Grace könnte das Buddeln sein. Aber auch Freilauf, rennen dürfen. Etwas zu Fressen suchen. Einen Ast bekommen und tragen. Oder einfach ein fliegendes Blättchen hetzen dürfen.

Übung macht ….

Ich weiß, wie das ist. Du hattest das Umorientierungssignal vielleicht schon mal aufgebaut, aber zuletzt hat es gar nicht mehr geklappt. Das liegt nicht am Signal an sich. Sondern am Training, das entweder gar nicht statt fand, oder an zu schwierigen Ablenkungen.

Es ist einfach so, dass kein Meister vom Himmel fällt. Auch positives Training muss gemacht werden. Abwarten hilft nicht! Aber hey, es macht doch Spaß, oder?

Also beginne – jetzt.

Denke an den Lohn:

Wenn du auf diese Weise dein Umorientierungssignal übst mit deinem Hund, wird er sich eines Tages auch darauf einlassen, wenn vorne das Reh oder die Katze springt.

Ich freue mich auf deinen Erfolgsbericht, wenn du dein Umorientierungssignal jetzt wieder aufgefrischt hast, oder ganz neu aufbaust. Vergiss es nicht und schreibe mir! Danke. ❤

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Über die Autorin Bettina Haas

Bettina Haas, Hundetrainerin aus Leidenschaft, zeigt dir, wie du zum besten Freund und Trainer für deinen Hund wirst. Damit du schnell und nachhaltig zum Erfolg kommst und dein Leben mit Hund (wieder) richtig genießen kannst!

6 Antworten

  1. Das hat wunderbar geklappt, liebe Bettina. Du hast in deinem Artikel die verchiedenen Schritte zum Umorientierung klip und klar dargelegt. Vielen herzlichen Dank dafür! Da ich sowohl Umorientierung als auch stressfreie Begegnungen mit Fremden trainiere, benutze ich momentan zwei verschiedene Signale. Ich hoffe, dies sei so in Ordnung?

    1. Hallo Mathilde,

      das freut mich sehr, dass Du mit Hilfe meines Artikels Erfolge erlebst!
      Wie meinst du das, was für ein Signal nutzt du bei Begegnungen mit Fremden? Nutzt du bei Begegnungen ein anderes Umorientierungssignal?

      Liebe Grüße
      Bettina

      1. Hallo Bettina,

        ich bin mir nicht sicher, ob meine Antwort verschickt wurde, so versuche ich es noch einmal. Ja, ich benutze zwei verschiedene Wörter: „yep“ bei Begegnungen mit Menschen, direkt gefolgt von einem Leckerli. Das Leckerli is hier nicht als Belohung eingesetzt. Als Umorientierungssignal benutze ich „top“. Wendet Goos den Kopf oder zeigt er ein anderes Körpersignal, dann klicke ich und er bekommt ein Leckerli, in diesem Fall als Belohung. Goos selber kann klar dazwischen unterscheiden, nur ich bin mir nicht sicher, ob ich es so richtig mache. Was meinst du?

        Liebe Grüße und vielen Dank!
        Mathilde

        1. Liebe Mathilde,

          danke für die Antwort. Hm, ich frage mich Folgendes: Was genau bedeuten Deine Worte? Was ist die Bedeutung von „Yep“? Warum ist das Leckerchen keine Belohnung, was ist es denn dann?
          Das Wort für die Umorientierung ist Top – ok. Für mich verwirrend, weil ich beide Worte eher als Markersignale kenne. Umorientierung bedeutet ja, dass Du möchtest, dass sich Dein Hund von einer Ablenkung abwendet, und einen Teil seiner Aufmerksamkeit Dir zuwendet. Dafür steht Dein „Top“? Ich frage das, weil in unserem Sinne „Top“ ja eigentlich die Bedeutung von „gut“ hat. Du nutzt ja den Klicker als Markersignal, daher kann das für Dich alles passend sein…

          Ich will Dich jetzt nicht verwirren, wenn für Dich und Goos alles in Ordnung ist, dann ist es doch super. 😊

          Liebe Grüße
          Bettina

  2. Hallo Bettina,

    zu deiner Frage: bei Begegnungen mit Fremden (oder allgemein: Menschen) sag ich „yep“, gefolgt von einem Leckerli. „Yep“ ist also mein Markersignal. Geht es um das Orientierungssignal, dann sag ich „top“. Wendet Goos den Kopf oder zeigt er ein anderes Körpersignal, dann bekommt er eine Belohnung. In sofern scheint es gerechtfertigt zu sein, zwei verschienene Wörter zu nutzen. Goos hat damit keine Mühe, nur ich bin mir nicht sicher, ob ich es so richtig tue.

    Liebe Grüße und vielen Dank!
    Mathilde

  3. Hallo Bettina,

    ich verstehe, dass das Wort „top“ verwirrend sein kann. Wie du vermutest, Goos versteht „top“ nicht als „gut“, sondern „achte auf mich“. Das funktioniert. Ich klicke und Goos bekommt ein Guti. „Yep“ ist das Markersignal bei Begegnungen mit Menschen, gefolgt von einem Guti „ohne Ende“. Den Clicker in diesen Fällen zu benutzen, ist nicht immer so einfach. Sowie ich dies alles so schreibe, wird mir allmählich klar, dass ich dies alles noch Mal überdenken sollte!

    Nochmals vielen Dank für deine Hilfe!
    Liebe Grüße
    Mathilde

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