Konzentrier dich, Hund!
Gibt es Situationen, in denen du am liebsten schreien möchtest: „Konzentrier dich, Hund!“?
Also ich kenne das jedenfalls. Zum Glück weiß ich sogar dann, wenn ich Stress habe, dass so eine Aufforderung Quatsch ist. Einfach zu verlangen „Konzentrier dich“ macht keinen Sinn, denn der Hund hat auf jeden Fall einen Grund, weshalb er gerade nicht auf mich konzentriert ist.
Konzentrier dich, Hund? Konzentrier dich, Mensch!
Hast du dich schon mal ertappt, dass du geträumt hast, während du eigentlich konzentriert mit deinem Hund trainieren wolltest?
Mir ist das vorhin auch passiert. Ich übte mit Grace das „Bei mir“.
Für alle, die es nicht wissen: „Bei mir“ bedeutet, dass der Hund seine Pfoten auf einer gedachten Linie nicht vor meine Zehenspitzen setzen darf, sondern neben oder hinter mir geht. Er darf schnüffeln, ich bleibe dann stehen und warte. Wenn der Hund zu weit nach vorne kommt, bleibe ich stehen und stelle mich seitlich, so dass sie wieder auf die richtige Position zurück gehen kann. Sie sollte freiwillig auf die Position neben mir gehen, oder per Handtouch, aber nicht durch Leinenzug.
Wir trainierten also das „Bei mir“ und ich vergaß aufzupassen. Sie lief zu weit vorne und ich merkte es nicht rechtzeitig.
Das habe ich einfach wieder gut gemacht, indem ich sie freundlich zu mir bat und noch mal begonnen habe, diesmal mit Konzentration. 😊
Grace machte ihre Sache sehr gut, und ich konnte sie viel belohnen. Ich staunte über ihre hohe Konzentration, und war richtig stolz auf sie!
Plötzlich lief sie wieder stetig weiter nach vorne, und merkte es gar nicht. Sie war auch vollkommen in Gedanken, und hatte die Konzentration auf die Aufgabe vergessen. Was genau ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte, weiß ich nicht, aber ich sah ganz deutlich, dass sie in dem Moment keine Ahnung mehr hatte, was sie eigentlich tun wollte. Ihr ging es genau so, wie es kurz zuvor mir gegangen war!
Mir wurde wieder einmal deutlich, wie wichtig es ist, freundlich mit positiver Verstärkung zu trainieren, und nicht ungehalten und wütend zu reagieren.
Wie würdest du reagieren?
Ich musste mir nur vorstellen, jemand an meiner Seite hätte mich beobachtet, als ich meine Konzentration verloren hatte und mich angemault oder -geschrien, dass ich mich gefälligst zu konzentrieren hätte… Wie hätte ich wohl reagiert? Ich hätte zu gemacht, wäre erschrocken und verstockt geworden, und wäre nicht mehr bereit gewesen, mich zu konzentrieren.
Natürlich habe ich auch Grace nicht angeschrien, sie hätte gefälligst aufzupassen. Ich wusste, dass ihre Konzentration schon ziemlich lange sehr hoch war, und sie einfach kurz müde geworden ist. Das macht doch nichts!
Ich habe sie erinnert, und mit einer hohen Belohnungsrate belohnt für richtiges Verhalten. Sie hat heute eine echte Glanzleistung vollbracht, mit hoher Konzentration ein langes Stück bis nach Hause „bei mir“ zu gehen. Dass sie vorher schon nicht mehr konnte, war nicht ihre Schuld, sondern mein Trainingsfehler. Ich bin verantwortlich für ein gutes Lernklima, und dazu gehört auch und ganz besonders, zu merken, wann sich der Hund stark konzentriert und wie lange das schon anhält. Ich bin verantwortlich für Training und Pausen.
Konsequent sein, aber freundlich
Es ist so deutlich zu sehen, wie viel besser Training funktioniert, wenn man selbst gelassen und freundlich reagiert, auch wenn man „streng“ ist, was die Einhaltung der Regeln angeht.
Die „Strenge“, also die Konsequenz im Durchziehen des Trainings, vereinfacht dem Hund das Lernen! Wenn ich manchmal reagiere und manchmal nicht, wenn ich manchmal belohne und es dann ewig vergesse oder nicht für nötig halte, dann bin ich unklar und der Hund kann nicht verstehen, was gemeint ist. Zumindest nicht am Anfang des Trainings.
Hier findest du mehr zum Thema: „Korrigierst du noch, oder trainierst du schon?“
Nicht den Hund schimpfen wegen eigener Fehler
Natürlich solltest du auch nicht deinen Hund schimpfen, wenn du selbst gerade nicht aufgepasst hast. Das passiert öfter als man glauben möchte. Schließlich ist einem der eigene Fehler peinlich, und man ärgert sich, dass der Hund „schon wieder“ das unerwünschte Verhalten zeigt, obwohl du ja schon „so lange“ daran trainierst.
Wenn du tatsächlich schon Monate an etwas trainierst, was nicht besser zu werden scheint, dann läuft etwas falsch.
Greife dir immer an die eigene Nase, und beobachte dein eigenes Training. Bist du richtig im Timing? Belohnst du ausreichend oft? Hast du überhaupt Belohnungen, die Verhalten verstärken? Kannst du dich richtig gut konzentrieren, so lange du trainierst?
Kann dein Hund erkennen, wann du trainierst und wann er Freizeit hat? Hast du ein Ende-Signal für „aufpassen müssen“?
Training ohne Konzentration ist Quark
Wenn du bei genauer Beobachtung merkst, dass du dich gar nicht mehr konzentrieren kannst, höre auf. Gestalte in Zukunft die Trainingseinheiten viel kürzer, so dass du dich zum Beispiel für 3 oder 5 Minuten richtig gut konzentrierst, und dann eine Pause machst. Das tut deinem Hund auch gut, denn auch der kann seine Konzentrationsfähigkeit dann langsam aufbauen und erweitern.
5 Minuten konzentriertes Training erreicht viel, viel mehr als eine Stunde ohne Konzentration.
Nur wollen ist nicht genug, man muss auch können. Du musst fähig sein, dich auf das Training einzulassen, ganz im Hier und Jetzt einzutauchen, und dich mit deinem Hund zu verbinden. Der Lohn dafür ist, abgesehen vom Erfolg, der Flow.
Flow
Kennst du das Gefühl, wenn du hochkonzentriert etwas tust, und dann irgendwann auftauchst aus diesem Gefühl? Du bist einerseits leer, andererseits aber auch tief befriedigt, glücklich, erholt, ruhig. Du hast etwas geschafft, und warst ganz verbunden mit dir selbst und der Sache.
Dieses Gefühl haben viele Menschen nur noch sehr selten. Denn ständig tönt das Handy, hier eine Nachricht, dort ein Post, und man soll ständig erreichbar sein.
Ich persönlich mache da nicht mit. Ich schaue nicht bei jedem „Pling“ ins Handy, und wenn ich was „verpasse“, stört mich das nicht. Ich bin sehr häufig im Flow, kann ganz leicht eintauchen in das, was ich tue. Egal ob es Putzen, Gartenarbeit, Blogartikel schreiben oder Hundetraining ist.
Erfolg
Und der Erfolg kommt ganz nebenbei. Wenn du richtig eintauchst in deine Aufgabe, wenn du dich mit deinem Hund als ein Team verstehst, das an der gleichen Sache arbeitet, wenn du während des Trainings freundlich und gelassen reagierst, und aus der Liebe heraus handelst, und wenn du das nötige Wissen hast, wie positives Training genau funktioniert, dann kann der Erfolg nicht anders als zu dir kommen. Du bist mit diesen Voraussetzungen ein Erfolgsmagnet.
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