Mein Hund soll einfach nur gehorchen!
Die meisten Menschen glauben, dass ihr Hund einfach hören muss, weil sie ihm ein Zuhause geben, Futter, ein Bett, und vieles andere. Liebe zum Beispiel. Darum soll der Hund doch bitte wenigstens tun, was sie sagen.
Soll ich mal ganz ehrlich sein? Mir ging das vor vielen Jahren mit meinem ersten Welpen nicht viel anders. Ich ging davon aus, dass ein klares „NEIN!“ und freundliches Loben ausreichen, um meinen Welpen zu erziehen.
Und genau darum bin ich Hundetrainerin geworden. Weil ich gemerkt habe, dass diese Ansicht nur bei wenigen Hunden stimmt. Es gibt solche Hunde, die scheinbar jedes Wort einfach so verstehen, nie Probleme machen und einfach dabei sind. Jedenfalls sagen das manche Leute.
Aber die meisten Hunde sind nicht so. Meine auch nicht und deshalb musste ich lernen.
Lernen von falschen Trainern
Zunächst lernte ich von den falschen Trainern, die mir die gesamte Palette des damaligen Trainings darboten. Von Reißen an der Leine oder dem Halti über körperliche Bedrohung bis zum Umwerfen war alles dabei. Unser Hund wurde aggressiv, weil er Panik hatte. Wir waren unberechenbar. Er musste sich wehren.
Mehr als Wattebäuschchen werfen
Also suchte ich weiter, und fand das, was ich heute mache. Das Training mit positiver Verstärkung ist nicht einfach nur „nett“. Es ist eine Trainingstechnik, die teilweise sehr simpel erscheint, aber nicht immer einfach ist. Man kann immer und immer weiter lernen.
Das macht Spaß, weil es erfolgreich ist. Wenn etwas nicht klappt, ändert man seinen Plan, bis es funktioniert. Es gibt immer eine Lösung. Kein Hund benötigt Strenge oder „klare Ansagen“ (sofern das bedeutet, dem Hund körperlich mal klar zu machen, wer das Sagen hat). Klare Signale benötigt der Hund schon.
Und jedes einzelne Signal muss tatsächlich lange geübt werden, bis der Hund sicher versteht, was wir meinen. Da gibt es so viele Details zu beachten! Wann sage ich das Signal überhaupt? Wie sage ich es? Wie und womit belohne ich? Wann genau? Und so weiter. Es ist spannend. Wenn man sich darauf einlassen mag.
Einfach nur gehorchen?
Ist dir schon etwas klarer geworden, warum du nicht fordern kannst, dass dein Hund dir gefälligst einfach gehorcht? Ein guter „Gehorsam“ muss mit Liebe und Wissen, Verständnis und Geduld aufgebaut werden. Kein Hund wird mit eingebautem Gehorsam geboren.
Natürlich kann jeder Hund sitzen. Aber auf Signal sitzen muss jeder Hund lernen.
Oft wird uns „gewaltfreien“ Trainern vorgeworfen, wir würden nicht artgerecht trainieren, sondern die Hunde nur konditionieren. Dieses Argument kommt bei unwissenden Laien oft ganz gut an, weil das Wort „konditionieren“ schon so fremd klingt. Dabei ist die Konditionierung eine ganz normale Lernform, die für ganz viele Lebewesen gilt. Es entspricht komplett der Lernmethode eines Hundes, wenn wir die zwei Arten der Konditionierung anwenden. Sie wirken sowieso, ob wir sie bewusst nutzen oder nicht. Ein Hund lernt doch nicht nur, wenn wir sagen: „Jetzt ist Training“.
Unhundliche Verhalten
Wenn du jetzt noch bedenkst, dass so viele Verhalten, die wir wie selbstverständlich von unserem Hund verlangen, ganz und gar unhundliche Verhalten sind, verstehst du auch, warum es manchmal so schwierig erscheint, deinem Hund etwas beizubringen und manchmal wieder ganz leicht. Einem Spielzeug hinterher zu jagen muss kaum jemand seinem Hund erklären und lange trainieren, weil das zu seinen ganz natürlichen Verhalten gehört. (Je nach Rasse gibt es da natürlich wieder Unterschiede, wie beliebt solche Spiele sind, aber auch innerhalb einer Rasse gibt es viele Varianten und Vorlieben.)
Aber hast du jemals einen Hund gesehen, der einen anderen vom Hasen zurückgerufen hätte? Ich noch nie.
Von solchen Verhalten könnte ich unglaublich viele aufzählen. Von A wie Anspringen bis Z wie Zu mir gibt es unglaublich viele Dinge, die wir in unserer menschlichen Welt brauchen, die aber der Hund wirklich mühsam lernen muss, weil es überhaupt nicht seiner Natur entspricht.
Da hilft uns die positive Verstärkung.
Positive Verstärkung
Positive Verstärkung bedeutet, dass wir ein Verhalten durch motivationsgerechte Belohnungen beeinflussen. Das verknüpfte Verhalten wird häufiger, stärker oder länger gezeigt. Es wird wahrscheinlicher auftreten, wenn es verstärkt worden ist. Diese Lernform ist ausgesprochen Hundegerecht, denn auch in der freien Wildbahn lernen Tiere sehr viel über positive Verstärkung. Oder was glaubst du, wie es sich anfühlt, wenn man als Hund einen Ort gefunden hat, an dem es regelmäßig Futter zu finden gibt? Es fühlt sich super an, und darum wird der Hund öfter diesen Ort aufsuchen. Es wirkt die positive Verstärkung.
Wenn es nur Abends etwas zu finden gibt, aber Morgens und Mittags nie ein Erfolg zu verbuchen war, wird der Hund bald nur am Abend dort auftauchen, weil er gelernt hat, wann genau das Futter dort erscheint. Morgens und Mittags wirkte die Enttäuschung, dass das angestrebte Futter dort nicht war. Das nennen wir negative Strafe. Es wird etwas Gutes, Angenehmes weggenommen aus der Situation, oder das Erwartete erscheint nicht.
Diese zwei Formen benutzen wir auch häufig im Training. Wir belohnen unsere Hunde mit passenden Verstärkern, und wenn der Hund etwas „falsch“ macht, bleibt die Belohnung aus, und er ist enttäuscht. Er wird versuchen, sich mehr anzustrengen, um doch noch den Erfolg zu erleben.
Der Trick dabei ist, dass du so trainierst, dass dein Hund möglichst selten enttäuscht ist. Denn die positive Verstärkung ist die größte Macht, und führt zu einer guten Bindung und Beziehung, zu Vertrauen und
Es gibt noch zwei weitere Formen. Hier kannst du mehr darüber lesen: Was du unbedingt wissen musst über Belohnungen und Strafe
Keine Angst haben
Habe keine Angst, zu einem laschen Wattebäuschenwerfer zu werden, wenn du die positive Verstärkung nutzt. „Wattebäuschen entstehen im Gehirn desjenigen, dessen Gehirn eine ähnliche Struktur hat“, sagte mal Ute Blaschke-Berthold, so oder so ähnlich. Lache mal wieder, und kümmere dich nicht darum, was andere denken. Wenn sie es überhaupt tun…
Jetzt ist ein guter Moment, um den Entschluss zu fassen, die positive Verstärkung zu nutzen, dazu zu lernen, offen zu sein für Neues. Ist es nicht herrlich, wenn das klappt? Stelle dir vor, wie sich dein Hund freut, wenn du ein Signal sagst, denn er weiß, dass es etwas Gutes bedeutet und Spaß bringt. Dann ziehen Freude und Leichtigkeit wieder ein bei dir.
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So versteht dich dein Hund: das positive Markersignal