Warum ich nicht Hund spiele

Hundliche Kommunikation

Warum ich nicht Hund spiele

Als Kind habe ich so häufig Hund gespielt, dass meine Eltern sich manchmal Sorgen machten. Ich habe gebellt, gehechelt, bin auf allen vieren gekrabbelt…

Warum ich im Zusammenleben mit meinem eigenen Hund nicht Hund spiele erfährst du jetzt.

Mein Hund weiß, dass ich kein Hund bin

Mein Hund weiß das ganz klar. Ich rieche anders, bewege mich anders, reagiere anders als Hunde. Vor allem Letzteres ist für Hunde sonnenklar. Sie sind gute Beobachter. Hunde beobachten Menschen, sobald sie mit ihnen zusammen leben. Naja, sobald sich ihre Augen öffnen und das Sehen  gut ermöglichen, wäre noch richtiger.

Ihre Mutter kennen die meisten Welpen sehr gut. Ebenso die Wurfgeschwister. Alle Hunde agieren wie Hunde das tun. Das unterscheidet sich ziemlich deutlich von uns Menschen.

Unterschätze nie deinen Hund

Wenn du glaubst, dein Hund hält dich für einen Artgenossen, dann unterschätzt du seine Gehirnleistung. Genau so wie du weißt, dass dein Hund kein Mensch ist, weiß dein Hund von dir, dass du kein Hund bist.

Hunde können sich nur so verhalten wie Hunde. Sie können Verhalten lernen, auch ganz seltsame Verhalten, die sie von selbst nie zeigen würden. Zum Beispiel an lockerer Leine mit dem Menschen gehen. Sie lernen das mit einem Hundegehirn, und wir müssen auf die Lernfähigkeit und auf die Art und Weise des Lernens des Hundes reagieren, um zum Erfolg zu kommen. Der Hund kann das also nicht deshalb, weil er uns für Hunde hält, sondern weil wir mit unserem Gehirn seine Art zu lernen durchschauen können und ihn trainieren.

Hund spielen macht keinen Sinn

Am Beispiel der Leinenführigkeit sollte jedem klar werden, dass es keinen Sinn macht, Hund zu spielen, um seinen Hund zu erziehen. Kein Hund fordert von einem anderen Hund ein Gehen an lockerer Leine. Kein Hund will, dass ein anderer hier oder dort nicht sein Geschäft erledigt. Kein Hund erwartet von einem anderen, dass dieser auf einen Beller hin sofort hergerannt kommt. Das alles ist menschengemacht.

Einzig im direkten Kontakt mit Hunden kann es Sinn machen, auch mal ähnlich wie Hunde zu reagieren. Nämlich zum Beispiel beim Aufbau der Beißhemmung. Wenn Welpen zu heftig zubeißen, werden die Geschwister nicht mehr mitspielen. Das können wir auch tun.

Ich beiße nicht gern…

Wenn ich dagegen versuche, blitzschnell zurück zu beißen, ziehe ich den Kürzeren. Hunde sind schneller. Viel schneller. Außerdem beiße ich so furchtbar ungern in Fell. Und das Echo möchte ich auch nicht riskieren.

Mit der Hand kneifen ist nicht beißen. Das finde ich besonders lustig, dass Menschen glauben, sie müssten wie ein Hund reagieren, aber sie „beißen“ mit den Pfoten…

Auch kneifen könnte ich nicht im gleichen Tempo wie ein Hund. Ich bin und bleibe ein Mensch. Ich kann mich nur wie ein Mensch verhalten, so wie der Hund sich nur wie ein Hund verhalten kann. Ich muss nicht knurren, beißen, zwicken um mich zu verständigen. Ich muss meine Reaktionen nicht um ein 100faches steigern, um genau so schnell wie ein Hund ein schnelles Abschnappen zu zeigen.

Hunde wissen genau um unsere Mankos. Wenn wir zu spät sind, lachen sie sich aber nicht schief, und denken sich: „Oh mann, du bist aber langsam!“ sondern sie begreifen überhaupt nicht, was wir meinen.

Die hundlichen Reaktionen sind gebunden an die hundliche Aufnahme der Reaktionen. Beides passt perfekt. Hunde verstehen sich (im Allgemeinen) untereinander. Alle Zeichen sind fein abgestimmt. Stärke und Ausdruck, Dauer und Situation – alles passt zueinander. Das Gegenüber versteht die Hundesprache, weil sie für beide klar ist.

Hund kann ich nicht sein, aber Mensch

Würden wir versuchen, wie ein Hund zu reagieren, wir könnten es nicht. In so vielen Situationen würde kein Hund unsere Signale so senden wie wir es tun würden. Zum Beispiel versteht ein Hund nicht, wenn ich knurre, weil er an der Leine zieht. Wenn es so einfach wäre, dann könnte es ja jeder.

Aber Hunde verstehen, was sich für sie lohnt. Denn Lernen findet immer statt. Wenn es sich lohnt, dicht beim Menschen zu laufen, dann macht der Hund das halt öfter. Wieso auch nicht? Das ist in der „Natur“ (haha, wir sind selbst Natur, aber sag`s nicht weiter…) auch nicht anders. Frei lebende Hunde laufen dort wieder hin, wo Futter zu finden ist. Es ist also nichts Ungewöhnliches an unseren Trainingsmethoden. Sondern wir trainieren mit der Natur des Hundes. Mit seinem Gehirn, seiner Art zu lernen.

Weil wir Menschen sind, können wir das tun, was uns menschlich macht. Nämlich friedlich und freundlich leben. Es ist eine  Entscheidung. Von jedem einzelnen.

Was verstehst du unter Menschlichkeit?

Für mich gehört Mitgefühl dazu, Liebe, und auch dass ich meinen Denkapparat nutze, um das Bestmögliche zu erreichen. Um Hunde so artgerecht wie möglich zu halten und zu trainieren.

Viele Fehlinterpretationen

Es gibt so unendlich viele falsche Interpretationen von Hundeverhalten, die dazu führen, dass Menschen, die versuchen sich wie ein Hund zu verhalten, vollkommen daneben liegen.

Es soll Menschen geben, die tatsächlich über eine Pipistelle ihres Hundes drüber pinkeln, damit der Hund versteht, dass sie der Anführer sind.

Würden die betroffenen Hund das wissen, sie würden sich totlachen.

Pinkeln und drüber pinkeln dient der Kommunikation. Jeder gibt damit Informationen preis, die der andere danach gefahrlos über die Nase erkunden kann. Wenn beide Hunde sehr aufgeregt sind in der Begegnung, wirkt das Verhalten deeskalierend. Es geht gar nicht vorrangig darüber, wer der „Alpha“ ist, sondern um ein gegenseitiges Kennenlernen. Direktes Beschnuppern am Po des anderen ist vielleicht noch nicht angebracht.

Also. Diejenigen, die das Drüberpinkeln praktizieren, sollten sich doch trauen, am Po ihres Hundes mal gründlich zu schnüffeln. Schließlich sind sie doch der Alpha.

Wenn es nicht so traurig wäre…

wäre es glatt zum Lachen. Es ist komisch, solange Hunde nicht leiden wegen der Ignoranz ihrer Menschen.

Seinen Hund ins Ohr zu zwicken, weil er andere Hunde anbellt, ist weniger lustig. Im Tierschutzgesetz steht verakert, dass einem Tier keine Schmerzen zugefügt werden dürfen, sofern sie vermeidbar sind. Und das wäre ja wohl leicht vermeidbar.

Gutes Training erklärt dem Hund in angepassten Schritten, was er tun kann, anstatt zu bellen und in die Leine zu springen. Der Mensch kann, statt selbst noch etwas Hässliches dazu zu tun, dem Hund die Begegnung angenehmer machen. Schließlich ist es auch der Mensch, der den Hund in diese Situation bringt.

Du darfst Mensch sein

Sei Mensch. Menschlich. Und zeige deinem Hund, was du von ihm erwartest. Mit echten Verstärkern, die das Verhalten schnell zum Positiven verändern.

Unsere menschengemachte Welt ist nicht mehr die der Hunde. Freilauf ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr, überall sind Autos, Fahrräder, Menschen. Wild ist gefährdet durch zu kleine Gebiete und zu viele Hunde.

Ein wirklich hundegerechtes Leben zu bieten ist fast unmöglich. Hunde passen sich so toll an. An die Verrücktheiten unserer Welt. Sie wollen uns gefallen, sind bereit, alles zu geben, um uns und unsere Wünsche zu verstehen. Dann lasst uns den Hunden helfen dabei.

Nicht dadurch, dass wir versuchen wie ein Hund zu sein. Sondern dadurch, dass wir ein guter Mensch sind. Ja ich weiß, das hagelt wieder „Gutmensch – Gutmensch“ – Rufe.

Na und? Ich bin lieber ein Gutmensch als ein Schlechtmensch. Wer mich dafür kritisieren will, der soll das tun.

Wer weiter seinen Hund ins Ohr zwickt, anstatt seine eigenen Hirnwindungen anzuschmeißen und mal nachzudenken, den werde ich nicht stoppen können.

Ich kann aber bereit stehen, einen anderen Weg aufzuzeigen. Menschen begleiten, ihnen helfen, diesen Weg zu gehen mit ihrem Hund. Das tue ich. Mit Leidenschaft.

 

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Über die Autorin Bettina Haas

Bettina Haas, Hundetrainerin aus Leidenschaft, zeigt dir, wie du zum besten Freund und Trainer für deinen Hund wirst. Damit du schnell und nachhaltig zum Erfolg kommst und dein Leben mit Hund (wieder) richtig genießen kannst!

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