So sagst du deinem Hund „Nein“
Akzeptiert dein Hund ein „Nein“?
Ich glaube, dass 99% aller Hundehalter sich wünschen, dass ihr Hund ein „Nein“ akzeptiert. Viele wundern sich auch nur, warum der Hund nicht kapieren will, was das Nein bedeutet.
Schnell wird gesagt, der Hund sei sehr dominant, weil er kein Nein akzeptiert. Und genauso schnell beginnt häufig eine Gewaltspirale, die Mensch und Hund immer mehr entzweit.
Darum lüfte ich heute mal ein Geheimnis. Nämlich, was du tun musst, damit dein Hund dein Nein akzeptiert.
Was ist alles „Nein“?
Zuvor möchte ich dich mal kurz zum Nachdenken anregen. Zu welchen Verhalten deines Hundes hast du schon „Nein“ gesagt?
Mache dir doch mal kurz Notizen. Ich warte solange.
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Und? Zu wie vielen Sachen, die dein Hund so macht, sagst du Nein?
Egal ob es nur drei Dinge sind, die dir eingefallen sind oder viel mehr. Auf jeden Fall erkennst du vielleicht, dass es lauter verschiedene Verhalten sind. Der Hund muss also immer übersetzen, was genau er jetzt lassen soll. Richtig?
Ach so, du denkst, er versteht jedes Wort? Nein. Das tut er nicht.
Hunde müssen alle Worte, die wir benutzen wollen, so lernen wie eine Vokabel.
Gute Beobachter
Das Gefühl, dass unsere Hunde jedes Wort verstehen, entsteht aus ihrer tollen Beobachtungsgabe. Hunde beobachten ihre Menschen den ganzen Tag lang, außer sie schlafen… Darum können sie so gut erkennen, was wir meinen. Außerdem haben wir bestimmte Routinen über den Tag. Auch das hilft unseren Hunden, zu wissen, was jetzt kommt. Und dann sieht es so aus, als ob Fiffi genau weiß, was es heißt, wenn wir in ganzen Sätzen Dinge sagen wie: “Na, Fiffi, wollen wir jetzt mal Gassi gehen?“ Klar will Fiffi. Und springt schon mal fröhlich zur Tür.
Nicht die Worte waren es, die er verstanden hat, sondern die Situation.
Aber ich sage doch „Nein“!
Warum versteht dein Hund das Nein nicht? Du bist doch deutlich genug. Du schaust vielleicht sogar ein wenig böse, und gehst drohend einen Schritt auf deinen Hund zu. Vielleicht hast du sogar schon Strafe angewendet, wenn er es so gar nicht verstehen wollte.
In die Flanke kneifen. Das Ohr verdrehen. Schnauzengriff. (Ich hoffe, du hast es nicht getan.)
Trotzdem macht dein Hund den Fehler immer wieder…
„Was bitte schön ist so unverständlich an einem klaren und deutlichen Nein?“
Wenn du die Antwort einmal verstanden hast, ist es so einfach und einleuchtend. Aber das Verständnis dafür fällt uns schwer, weil wir selbst häufig so erzogen wurden. Nein bedeutet in unserer Sprache, etwas zu lassen. Alles andere ist erlaubt.
„Denke nicht an einen rosa Elefanten!“
Und, ist es gelungen? Ich bin ziemlich sicher, du hast gerade an einen rosa Elefanten gedacht, oder?
Ganz ähnlich geht es deinem Hund. Naja, es ist ein wenig anders, ich gebe es zu. Aber das war das beste Beispiel, was ich kenne.
Ich meine damit, dass du mit einem Nein deinem Hund keine Information gibst, was er statt dessen tun soll.
Hätte ich gesagt, denke an ein blaues Einhorn, hättest du sicher keinen rosa Elefanten gesehen. Sondern ein blaues Einhorn.
Das Geheimnis
Das ganze Geheimnis um das ominöse Nein ist Folgendes:
Gib deinem Hund ausreichend Informationen, was er tun soll.
Werde zu einem Ja-sager.
Wenn dein Hund genau weiß, was dich freut, und wenn es sich auch lohnt für ihn, dieses Verhalten zu zeigen, dann wird er dies tun. Und das unerwünschte Verhalten hört auf, wenn es sich nicht mehr lohnt.
Eigentlich ist damit alles gesagt.
Aber ich will dir gerne noch ein paar Beispiele geben, wie ich das in der Praxis umsetze.
So geht Ja-sagen in der Praxis
Ich gebe zu, dass es ein Umdenken erfordert. Es ist am Anfang gar nicht so leicht, zu verstehen, dass es Sinn macht, das gute Verhalten im Fokus zu haben und zu belohnen. Irgendwas sträubt sich manchmal in einem. Es wäre doch viel einfacher, wenn der Hund ein Nein akzeptieren würde…
Ich kann dir versprechen, dass es dir Spaß machen wird. Denn ich vermute, dass das ständige Schimpfen und Bestrafen dir auch nicht gerade Freude gemacht hat. Und die Beziehung zu deinem Hund stärkt so ein Umgang auch nicht gerade.
Falls du noch glaubst, dein Hund sei dominant, lies mal meine drei Artikel darüber:
Warum glauben Menschen an Dominanz und Hierarchie?
Denn Hunde streben nicht den ganzen Tag danach, endlich die Weltherrschaft zu erlangen. Sie wollen eigentlich nur friedlich und in Sicherheit mit uns zusammen leben und Spaß haben.
Verständnis
Das Verständnis, dass dein Hund dich nicht ärgern will, ist grundlegend für mein Training. Denn ich möchte erreichen, dass du mit deinem Hund ein Team wirst. Klar soll der Hund Signale befolgen und dir gut „gehorchen“. Aber es ist eine andere Art von „Gehorsam“, weshalb ich das Wort immer nur in Anführungszeichen setze. Kadavergehorsam gibt es bei mir nicht.
Statt dessen gibt es Verständnis für den Hund. Bei allem Fürsprechen für die Hunde vergesse ich die Menschen und ihre Bedürfnisse aber natürlich nicht. Schließlich bin auch ich ein Mensch, und habe bereits viele Ängste und andere Gefühle durchlebt mit meinen Hunden. Ich weiß, dass das Verhalten eines Hundes zu einer großen Belastung werden kann, wenn man sich nicht zu helfen weiß.
Darum verstehe ich auch jeden, der zu mir kommt und ehrlich sagt, dass er seinen Hund schon bestraft hat. Mir geht es ja genau so. Das kannst du hier nachlesen: Über mich
Aber nun will ich dir noch mehr Klarheit geben durch Beispiele, wie du konkret die Strafe, also das „Nein“ umwandelst in ein „Ja“. Und warum dich das erfolgreich macht.
Beispiel Hochspringen
Angenommen, dein Hund springt andere Menschen an, weil er sie begrüßen will. Warum tut er das? Nicht um dich zu ärgern, sondern weil das aus Hundesicht höflich ist. Man muss die Lefzen des anderen lecken, um zu zeigen, dass man freundlich gesinnt und unterwürfig ist, Wie soll er unsere „Lefzen“ erreichen? Er muss springen. Deinen Hund dafür zu bestrafen, macht keinen Sinn.
Wenn ich mir überlege, wie viele Hunde tagtäglich deswegen hart geruckt werden, oder anderweitig bestraft, dann werde ich ziemlich traurig…
Wenn du statt das Hochspringen zu bestrafen alles andere belohnen würdest, wüsste dein Hund schnell, wie eine Begrüßung bei Menschen aussehen soll. Er könnte lernen, dass es gut ist, alle vier Pfoten auf dem Boden zu behalten, und sich dem Menschen auf diese Weise zu nähern. Dabei hilft dir das Markersignal, das genau den Moment markiert, an dem tatsächlich gerade die Pfoten am Boden sind. Und eine Belohnung, die genau anders aussieht als Hochspringen. Zum Beispiel Leckerchen vom Boden aufsammeln.
Um zu erreichen, dass dein Hund etwas entspannter ist bei der Begrüßung, hilft ein Entspannungswort. Natürlich muss das zuerst aufgebaut werden, um es nutzen zu können. Aber das geht ganz leicht.
Beispiel Hundebegegnungen
Hundebegegnungen sind bekanntlich für viele eine Herausforderung. Wenn der eigene Hund an der Leine tobt, wie verrückt bellt und mit aller Macht versucht, den anderen zu vertreiben oder gar anzugreifen, dann steht man als Mensch ziemlich hilflos da.
Auch bei diesem Verhalten wird häufig versucht, durch Strafe einen Erfolg zu erzielen. Meistens funktioniert das nicht, weil der Hund statt sich freundlich zu verhalten immer wütender wird und eher noch aggressiver reagiert.
Das ist logisch, denn immer dann, wenn ein anderer Hund zu sehen ist, verhält sich der Mensch seinem Hund gegenüber aggressiv. Er wird zu einem Faktor der Unsicherheit. Und das, obwohl der Hund gerade durch sein unschönes Verhalten versucht zu kommunizieren, dass er sich sowieso schon unwohl fühlt.
Wenn der Besitzer also umlernt, und beginnt, seinen Hund nicht mehr zu bestrafen bei Begegnungen mit anderen Hunden, und statt dessen ein wenig Rücksicht nimmt während des Trainings, und einen freundlichen Umgang pflegt, ist schon ganz viel geholfen. Jetzt kann das gute Verhalten belohnt werden, und neues gutes Verhalten aufgebaut werden.
Das lernen die Teilnehmer meines Workshops „Hilfe, ein Hund kommt“ in enger Zusammenarbeit mit mir.
Positives Hundetraining – nicht nur Leckerchen
Diese Art von Training bedeutet nicht, den Hund mit Leckerchen von Ablenkungen fernzuhalten. Wir bestechen nicht und wir lenken nur in ganz schwierigen Situationen tatsächlich einmal ab.
Und Belohnungen gibt es noch viel mehr als nur Leckerchen. Du wirst staunen, welche Möglichkeiten sich öffnen, wenn du dich einfach darauf einlässt.
„Jetzt macht mir das Gassigehen endlich wieder Spaß!“ sagte gerade eine Kundin zu mir.
Und so ist es. Du kannst den gesamten Trainingsprozeß schon genießen mit deinem Hund. Endlich darfst du deine Liebe wieder zeigen, und musst deinen Kumpel nicht mehr dauernd „im Griff haben“, dominieren, bestrafen.
Statt dessen freust du dich über gute Einfälle deines Hundes. Du stärkst euer Selbstbewusstsein. Ja, auch das deines Hundes. Denn selbstbewusste Hunde müssen weniger herumkeifen oder angreifen, weil sie souverän sind und bessere Möglichkeiten kennen.
Sie sind fröhlicher, weil sie sich endlich entfalten dürfen, statt immerzu eingegrenzt zu werden.
So sieht es sinnbildlich aus, wenn du nur mit „Nein“, „Aus“ und „Pfui“ trainierst.
Und so, wenn du die positive Verstärkung hervorhebst in deinem Umgang mit dem Hund.
Mache jetzt den ersten Schritt
Oder auch den zweiten. Egal.
Wenn du nichts änderst, wird sich nichts ändern.
Und andere kann man nicht ändern, nur sich selbst.
Also erwarte nicht, dass alle anderen Menschen mit oder ohne Hunde ab sofort immer perfekt reagieren oder verständnisvoll mit dir und deinem Hund umgehen. Das klappt nicht.
Aber du kannst dich und deinen Hund so gut vorbereiten auf ganz viele unvorhergesehene Super-Gau-Sachen, dass du darüber lachen kannst, was so alles passiert.
Egal ob es um Hundebegegnungen oder andere Situationen geht, die positive Verstärkung hilft in jedem Fall.
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Lass uns gemeinsam Großartiges erreichen – beginne deine Reise
2 Antworten
Hallo Bettina,
ich bin ehrenamtliche Spaziergängerin im Tierheim und das leider nur am Wochenende, da ich berufstätig bin. Ich betreue seit 2 Wochen einen Steffi, der bei Hundebegnungen wie verrückt bellt, herumspringt und in die Leine springt. Den Steffi den ich vorher hatte ca 2 Jahre, habe ich mit negativen Dingen wie Wasserflasche, lautes Nein usw. ruhiger bekommen. Ich würde diesen positiven Ansatz gerne lernen und bei meinen neuen Steffi anwenden. Da er sich wie wild gebärdet, weiß ich nicht wie ich darauf positiv reagieren soll. Ist es besser kommentarlos ihn machen zu lassen und von der Situation weg zu ziehen? Wenn er dann ruhig wird, weil der andere Hund weg ist, loben und Leckerchen geben? Ist das der richtige Weg?
Für einen Rat oder Tip währe ich dankbar. Liebe Grüße Violetta
Hallo Violetta,
leider lässt sich die Antwort nicht zu einem kurzen „Tipp“zusammenfassen. Die Trainingstechnik komplett zu lernen wäre absolut sinnvoll. Auf jeden Fall ist es super, dass Du den positiven Weg gehen möchtest, und alle Hunde, mit denen Du es praktizieren wirst, werden davon profitieren.
Wegziehen ist meistens nicht so gut, denn es bringt mehr Erregung ins Spiel. Andererseits gibt es Situationen, wo es nötig ist, damit es nicht komplett eskaliert.
Kennst Du das Training mit Markersignalen? Hier findest Du mehr dazu: Warum ein Markersignal Vorteile bringt
Und hier gibt es weitere Infos zum Thema Hundebegegnungen:
So trainierst du Hundebegegnungen ganz entspannt
Raus aus der Opferrolle – Hundebegegnungen entspannt meistern
Ignorieren führt leider auch nicht zum Ziel, denn es geht nicht um Aufmerksamkeit von Deiner Seite, sondern um ein Problem mit anderen Hunden. Vielleicht ist der Hund frustriert oder macht sich Sorgen, dass was passieren kann. Es liegen irgendwelche Gefühle zu Grunde, die den Hund zu seinem Verhalten bringen. Strafe hilft dem Hund daher gar nicht, sondern verschlimmert normalerweise die Sachlage.
Ich hoffe, ich kann Dir damit schon ein bisschen weiterhelfen.
Liebe Grüße
Bettina