Was ist Belohnungsstress?
Was es ist und wie du ihn vermeiden kannst
Training mit Belohnungen ist eine super Sache
Du trainierst mit Belohnungen und versuchst, gutes Verhalten zu verstärken, damit dein Hund es öfter zeigt? Das ist super. Du tust das vermutlich bewusst, weil du weißt, dass Lernen über Belohnungen schnell und effektiv funktioniert.
Du erlebst, dass folgende Dinge passieren, wenn du mit Belohnungen trainierst:
- Dein Hund wird dir gegenüber sehr aufmerksam
- Dein Hund lernt viele Verhalten schnell und gründlich
- Dein Hund ist allzeit bereit für Interaktionen
Lauter positive Punkte.
Wieso kann es dann Stress geben?
In manchen Fällen geht die Bereitschaft des Hundes zur Interaktion auf Kosten der Ruhezeit. Manche Hunde wollen auf keinen Fall eine Möglichkeit verpassen, sich etwas verdienen zu können. Das führt dazu, dass sich der Hund nicht mehr ausreichend erholt. Dadurch entsteht chronischer Stress, und das ist natürlich nicht so gut.
Wann passiert das?
Wenn der Hund die Erwartungshaltung hat, dass es jederzeit etwas Gutes geben kann, gerät er in eine dauerhafte positive Erregung. Er will nichts verpassen, und achtet auf jedes noch so kleine Zeichen, dass ihm sagt, jetzt könnte es wieder was geben. Obwohl es an sich ein gutes Gefühl ist, weil der Hund sozusagen in einem Zustand permanenter Vorfreude ist, führt das zu einer ständig hohen Erregung. Erregung ist nun einmal das Gegenteil von Entspannung. Da ändert die Art der Erregung nichts dran. Wer sich die ganze Zeit wie verrückt freut, dass gleich – gleich – gleich – wieder etwas Tolles passiert, kann sich nicht ausruhen und entspannen.
Verknüpfung der Situation mit Erregung
Nach und nach wird die Umgebung, Gegenstände, Örtlichkeiten oder Personen mit den Aktivitäten verknüpft, die am häufigsten dabei vorkommen. Somit wird die Erregung bereits durch diese Dinge ausgelöst, weil sie so häufig das Schöne angekündigt haben.
Viele Hundehalter kennen diese Art von Verknüpfung, wenn sie zum Training zu einem Hundeplatz fahren. Wenn dort mit Belohnungen gearbeitet wird, beginnt der Hund immer früher auf der Fahrt sich zu freuen, weil er weiß, was ihn Schönes erwartet. Der Ort ist fest verknüpft mit Aufregung, anderen Hunden und tollen Belohnungen. Entspannung wird ja meistens nicht trainiert. Da der Hundeplatz wieder verlassen wird, gibt es in diesem Fall keine andauernde Erwartungshaltung zu Hause.
Die Folgen
Die Folgen von solchem wenn auch positivem Stress sind vielfältig. Häufig sind die Hunde schnell frustriert, wirken unruhig, hibbelig, haben eine schlechte Impulskontrolle oder es gibt Probleme mit der Konzentration. Anhaltendes Bellen kann ebenso auftreten. Je nach Individuum fallen die Konsequenzen von chronischem Stress unterschiedlich aus.
Wie du dem vorbeugen oder es verändern kannst
Die Lösung des Problems ist folgende:
- Du gibst nach einer Trainingseinheit ein Ende-Signal, um das Ende der Verstärkungsmöglichkeit zu verdeutlichen.
- Dein Hund lernt, sich auf seinem Platz selbst zu beschäftigen und sich dabei zu entspannen.
Ein Ende-Signal ist wirklich wichtig, damit dein Hund nicht immer weiter Verhalten anbietet, um weiterhin seine Belohnung zu bekommen. Das ist die Kehrseite von gutem Training über positive Verstärkung: Dem Hund macht es Spaß! Er will mehr davon!
Das ist ja auch prima, nur solltest du darauf achten, dass er versteht, wann es keine Verstärker mehr gibt.
Entspannungstraining ist ein weit unterschätzter Grundstein im Hundetraining.
Es gibt die Möglichkeit, ein bestimmtes Wort mit Entspannung zu verknüpfen, so dass nach dem Aufbau das Wort alleine schon einen entspannteren Zustand bewirkt. Zusätzlich können weitere Gegenstände mit Entspannung verknüpft werden.
Entspannungstraining ist ganz normales Lernen
Fällt es dir auf? Wir trainieren mit den gleichen Verknüpfungen, wie sie ganz von selbst passieren. Ohne unser bewusstes Zutun hat der Hund bestimmte Situationen, Dinge, Orte oder Personen mit Aufregung verknüpft. Genau so können wir herangehen, und Dinge, Gerüche und Geräusche mit Entspannung verknüpfen. Es ist also nichts künstliches oder abstraktes dahinter, sondern das ganz normale Lernen. Es findet immer statt, auch ohne dass du trainierst.
Verknüpfe einen sicheren Ort mit Entspannung
Jeder Hund sollte einen Ort haben, der ihm Sicherheit gibt. Dieser Ort kann eine Hundebox sein, ein Hundebett an einem ruhigen Ort, aber auch das Sofa, wenn der Hund es mit benutzen darf.
Eine Box hat den Vorteil, dass du üben kannst, sie zu schließen, so dass dein Hund einen gewohnten Ort hat, an dem er sich wohl fühlt, auch wenn er einmal „nicht mitten drin“ sein soll. Ich finde das praktisch zum Beispiel für das Kommen von Handwerkern, die häufig wenig Lust haben auf aufgeregt springende oder bellende Hunde…. Aber auch sonstiger Besuch profitiert davon, wenn die erste Begrüßung ohne Hund stattfindet, und dieser dann dazu kommt, wenn sich alle schon etwas beruhigt haben und sitzen.
Aber wie gesagt, wenn du keine Box hast oder willst, dann geht das Entspannungstraining natürlich auf jedem anderen Platz auch. Wichtig ist, dass sich der Hund dort wohl fühlt, und nicht dauernd gestört wird.
Dort gibt es gute Dinge wie Kekse und Kauartikel, einen gefüllten Kong oder ähnliche Sachen, mit denen sich dein Hund selbstständig beschäftigen kann.
Wenn er dort entspannt, (sofern er das im Moment überhaupt tut) sagst du ein Wort, das für „Entspannung“ steht. Nach und nach verknüpft sein Gehirn den entspannten Zustand mit dem Wort.
Möchtest du lernen, wie du konditionierte Entspannungssignale aufbaust und anwendest? Dann schau mal hier:
Dein Hund kommt kaum zur Ruhe?
Dann entspanne zuerst mit ihm gemeinsam. Setze dich ohne Futter und ohne Spielzeug einfach neben ihn oder in seine Nähe. Lässt er sich gerne anfassen, kannst du durch eine entspannende Massage helfen. Wenn nicht, mag er vielleicht Kontaktliegen. Warte ein wenig, ob er sich mit Körperberührung neben dich legt.
Was ist genau das Ziel?
Das Ziel des Trainings ist, dass dein Hund lernt, wann es Verstärker gibt und wann nicht. In den Pausen ist Entspannung oder Selbstbeschäftigung angesagt. Er kann schlafen, ruhen, oder einen Kauartikel beknabbern. Aber die ständige Erwartungshaltung soll nicht mehr auftreten.
Das heisst, dass du nach einer Trainingseinheit, oder nach dem Spaziergang dein Ende-Signal gibst und deinen Hund vielleicht zu seinem Platz bringst. Du kannst ihm etwas zum Kauen oder Beschäftigen geben und gehst weg.
Wenn dein Hund schnell begreift und sich nach dem Ende-Signal von selbst abwendet, auf seinen Platz geht und sich zufrieden hinlegt, oder seinen Ochsenziemer bearbeitet, hast du gewonnen. Aber bitte belohne das jetzt nicht! Denn dann würdest du ja wieder die Erwartungshaltung hervorrufen!
Sage statt dessen lieber dein Entspannungswort ein paar Mal in den Raum hinein, und dann mache einfach deine Dinge.
Routinen helfen
Wenn etwas im Tagesablauf immer gleich ist, hilft es deinem Hund, sich zurechtzufinden. Wenn es nach dem Spaziergang Futter gibt, und danach Ruhezeit ist, und dein Hund das weiß, wird er sich schon von selbst entspannen, oder sich zumindest leichter entspannen lassen.
Insgesamt ist es sinnvoll, aufgeregten Hunden sehr viele Möglichkeiten zu geben, die Dinge vorhersehen zu können. Ein geregelter Tagesablauf mit ausreichenden Ruhephasen sind der Grundstein für das weitere Training aufgeregter Hunde.