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Aufzucht von Welpen / Teil 2

Aufzucht Welpen

Aufzucht von Welpen Teil 2

Teil 2

Sensible Phase

In Teil 1 ging es um die vorgeburtliche Phase und um die Neugeborenenphase, also bis zu  Tag 11. Jetzt geht es weiter mit der Entwicklung. Die sensible Phase beginnt.

Aufzucht von Welpen Teil 2

Ab der dritten Lebenswoche beginnt die sogenannte „sensible Phase“, die bis zur 16. Lebenswoche dauert. Warum heißt sie so?

Die sensible Phase macht es dem Hund möglich, sich mit artfremden Individuen zu sozialisieren, Bindungen aufzubauen, Umwelt zu erkunden, Beisshemmung zu entwickeln. Auch die Frustrationstoleranz wird in dieser Phase entwickelt durch die Entwöhnung von der Muttermilch und zunehmend langen Trennungszeiten von der Mutter.

In der sensiblen Phase geht es also um die Sozialisation.

Dieses Wort ist jedem Welpenbesitzer ein Begriff. Viele stellen sich unter der Sozialisation vor, dass der Hund so viel wie möglich sehen und erleben muss, wenn er bei ihnen angekommen ist. Viele glauben noch, dass ab Woche 12 das Zeitfenster wieder schließt, wo diese ominöse Sozialisation abgeschlossen sein sollte. Wenn der Hund mit 8 Wochen in die neue Familie wechselt, hat man als neuer Besitzer also nur diese 4 Wochen Zeit und muss so viel wie möglich mit dem Welpen draußen unterwegs sein…und genau das ist eine gefährliche und völlig falsche Annahme.

Die Sozialisation beginnt bereits viel früher und endet später. Ab der dritten Lebenswoche bis zur 16. Woche sind die Zeitfenster, in denen diese Art des Lernens optimal stattfinden kann. Die gesamte Zeitspanne ist also deutlich länger, und sollte deshalb auch genutzt werden. Das bedeutet, dass dem Züchter (also der Mensch, der für die Mutterhündin zuständig ist) eine sehr große Rolle zukommt in der Sozialisation der Welpen.

Was genau passiert nun in dieser Phase?

Der Welpe wird mit seinen Geschwistern und seiner Mutter sozialisiert, und lernt sich hundlich zu verhalten. Zugleich kann er auch soziale Kontakte zu Menschen aufbauen, lernt seine Bezugspersonen kennen, und kann an andere Tierarten sozialisiert werden.

Diese  Art von Lernen findet zwar nicht nur in dieser Zeit statt, aber diese Zeit ist sehr wichtig für die Grundsteinlegung. Die sensible Phase ist der Anfang, und später wird darauf aufgebaut. Was in der sensiblen Phase gelernt wird, ist später leichter wieder aufzufrischen.

Wird diese Phase nicht dafür genutzt, bzw. hat der Welpe keine Möglichkeit, Menschen und andere Tiere kennen zu lernen, (isolierte Aufzucht) ist es nur noch schwer möglich, den jungen Hund an neue Sozialpartner zu gewöhnen. Die Sozialisierung auf die eigene Art kann dagegen auch später noch gelernt werden, selbst wenn eine Katzenmama den Welpen aufgezogen hat. 

Entwicklungsphasen Welpen
Übersicht über die Entwicklungsphasen von Welpen

Da der Begriff „Sensible Phase“ noch relativ neu ist, überschneidet er sich mit den alten Begriffen.

Die Übergangsphase bezeichnet den Übergang eines blind und taub auf die Welt gekommenen Neugeborenen zu einem langsam immer aktiver werdenden Welpen, der immer besser sehen und hören kann. Innerhalb dieser Übergangsphase beginnt bereits die sogenannte „Primäre Sozialisation“, bei der die Welpen lernen, dass sie ein Hund sind. Danach beginnt die Sozialisation mit anderen Arten.

Übergangsphase

Die Übergangsphase beginnt etwa zu der Zeit, wo die Augen sich öffnen, und dauert bis zur vollständigen Öffnung des Gehörgangs, also etwa von Tag 12 /13 bis Tag 20 / 21.

Es ist eine Phase der schnellen Entwicklung. Dabei bedingen sich die Umwelteinflüsse und das Nervensystem gegenseitig: Ohne die Umwelteinflüsse könnte sich das Nervensystem nicht entwickeln, und ohne Nervensystem könnte sich der Welpe nicht entwickeln, um die Umwelt überhaupt zu erfahren.

Jetzt ist das Nervensystem zum Beispiel in der Lage, die Hinterläufe zu aktivieren und echtes Laufen beginnt. In der Neugeborenenphase war es eher ein Krabbeln, die Welpen bewegten sich mit den Vorderpfoten rudernd auf dem Bauch robbend voran.

Mit den neuen Bewegungsmöglichkeiten, dem neuen Sehsinn und dem erwachenden Gehörsinn wird der Erlebnisradius drastisch erhöht. Die Neugier wird geweckt und die Interaktionen untereinander nimmt zu.

Zugleich ist die Mutter nicht mehr so dauerhaft bei ihren Welpen. Und sie legt sich nicht unbedingt hin, wenn sie da ist, sondern lässt ihre Welpen neue Wege erkunden zu ihren Zitzen. Wieder werden die Bemühungen der Kleinen mit der für sie köstlichen Milch belohnt.

Durch das Hören werden jetzt die ersten Laute ausprobiert. Die Welpen üben sich im Bellen und Knurren. Die Zunge ist nicht mehr nur für die Zitze und das Nuckeln da, sondern wird auch zum Belecken der Geschwister genutzt.

In der dritten Lebenswoche beginnt die Phase der primären Sozialisation, das bedeutet, dass die Welpen lernen, dass sie ein Hund sind. Zugleich ist es der Beginn einer wichtigen Zeit, die Wissenschaftler als „Sensible Phase“ bezeichnen. 

Es beginnt  außerdem die Sozialisierung mit artfremden Individuen wie Menschen.

Wichtig zu wissen:

Seh-und Hör-Vermögen wachsen erst langsam. Es ist kein Schalter, der angeknipst wird, sondern eine Entwicklung. Es ist sehr wichtig, dass in dieser Phase Sehen und Hören möglich gemacht wird, denn später können mangelnde Erfahrungen in dieser Hinsicht nicht nachgeholt werden. Das zeigen einige Versuche, die ich hier nicht näher beschreiben kann und will.

Der Züchter kann weiterhin Berührungsübungen mit den Welpen durchführen und sie durch das Anbieten einer interessanten Umwelt schon in dieser Phase maßgeblich fördern. Natürlich sollte mit allen Dingen Maß gehalten werden, damit aus „gut gemeint“ nicht „schlecht gemacht“ wird. Unter „Züchter“ verstehe ich hier die Personen, die mit der Aufzucht der Welpen beschäftigt sind, egal ob es ein Zufallswurf in einer Familie ist, eine Hobbyzucht oder eine professionelle Zuchtstätte.

Sozialisationsphase

Die Sozialisationsphase dauert etwa von der 4. bis zur 16. Woche. Die Sozialisationsphase ist die Zeit, in der Hunde sich an artfremde Individuen (wie Menschen, Katzen usw.) sozialisieren und Bindung aufbauen können. Aber auch die Sozialisierung mit der eigenen Art setzt sich weiter fort.

Das passiert jetzt in der Entwicklung:

In diesen 12 Wochen geht es richtig los mit den Veränderungen im Welpenleben. Die kleinen Beinchen gehorchen immer besser und sind bald darauf auch zum Klettern und Springen geeignet. Die Zähnchen brechen langsam durch. Das Sehvermögen ist aber noch immer nicht vollständig entwickelt, die Welpen sehen am Anfang der Phase tatsächlich noch nicht sehr gut. Das wird nach und nach immer besser.

Die Welpen beginnen zunehmend mit Interaktionen mit den Geschwistern. Es wird sich beleckt und beknabbert, Kontakt aufgenommen und sowas ähnliches wie eine Spielaufforderung gemacht. Dadurch entsteht ein gewisses Verständnis für das eigene „Hund sein“. Der Welpe sieht sich selbst so wie seine Geschwister, und „weiß“, dass er ein Hund ist.

Die Welpen erkunden (sofern die Möglichkeit dazu besteht, und das wäre sehr wünschenswert) ihre Umgebung.

Im Alter von 4 Wochen erkennen die Welpen ihre Bezugsperson. (=Sozialisierung mit artfremden Individuen!)

Individuelle Entwicklung

Nach und nach entwickeln sich scheinbar schon erste Charakterzüge, einige sind eher die forscheren, aktiven Typen, andere eher gemütlich bis bequem oder zurückhaltend. Individuelles Lernen formt dabei jeden Welpen einzeln, denn wenn man es genau betrachtet, erlebt jeder Welpe etwas anderes. Dies führt zu individueller Entwicklung. Allerdings können noch keine Vorhersagen für das Verhalten des erwachsenen Hundes getroffen werden.

Futter der Mutter

Ab der 5. Woche beginnen die Welpen, sich für das Futter ihrer Mutter zu interessieren, und das ist der Einstieg zur Zufütterung. Damit werden die Welpen immer unabhängiger von ihrer Mutter, die sie zugleich immer seltener an ihren Zitzen trinken lässt, schon alleine wegen der Zähne, die ihr Schmerzen bereiten. Die Natur hat wieder einmal an alles gedacht…

Hundliche Sprache

Durch die Interaktion mit den Geschwistern und der Mutterhündin, und wenn möglich weiteren Hunden in der Familie, wird die hundliche Sprache gelernt, und das passende Verhalten zu bestimmten Situationen. Die Welpen lernen eine erste Beißhemmung, nämlich ganz einfach im Spiel mit den Geschwistern. Wer zu hart zubeißt, mit dem wird nicht mehr gespielt, oder er wird zurückgebissen. Beides ist unangenehm, und so lernt der Welpe zügig, ein zu starkes Beißen zu unterlassen.

Angstphasen

Bis etwa zur 6. Woche haben die Welpen kaum Angst vor Neuem. Sie erkunden daher mutig und interessiert die Umwelt, und das ist äußerst wichtig. Dann öffnen sich Zeitfenster, in denen Ängste aktiviert werden. Solche Zeitfenster, in denen Ängste stärker aktiviert werden, zeigen sich häufig zwischen der 8. und der 12 Lebenswoche. Die Ängste sollen dafür sorgen, dass der Welpe lernt abzuwägen, ob eine Situation wirklich sicher für ihn ist.

Gerade in den Wochen 3-5  können sich die Welpen optimal an Geräusche und viele Dinge gewöhnen, ohne Angst davor zu entwickeln. Darum sollte der Züchter nach Möglichkeit auch kleine Ausflüge machen, so dass der Welpe fremde Tiere (Pferde, Kühe, Katzen) sowie verschiedene Menschen kennen lernen kann. Achtung: Die Zeitfenster für Angstphasen haben oft keine scharfen Grenzen, sondern es sind graduelle Unterschiede zu beobachten. Es sind keine Ein-Aus-Schalter. Angst erkennt man am Meideverhalten der Welpen.

Nicht nur bis Woche 16

Das ist die Sozialisation, von der immer so viel gesprochen wird. Diese findet nicht nur in der Zeit bis zur 16. Woche statt, aber da besonders intensiv. Auch später müssen wir alles immer wieder auffrischen, weiterhin Pferde, Kühe und Katzen kontaktieren, Menschen kennen lernen, und in jedem Fall dabei gute Erfahrungen machen.

Gute Erfahrungen

Das ist das allerwichtigste: Jeder Welpe sollte vor allem GUTE Erfahrungen machen! Das geht mit auch einem 16 Wochen jungen Welpen nur dann, wenn er nicht überfordert wird von einem wahren Marathonprogramm. Gezielt eine Situation aufsuchen, für 5, 10, vielleicht 20 Minuten gute Erfahrungen machen, und wieder nach Hause fahren und ausruhen, ist eine gute Idee. Eine Stunde lang durch ein Einkaufszentrum zu schlendern, ist keine gute Idee.

Gute Erfahrungen werden mit freundlichen Menschen und Tieren gemacht. Neugierverhalten des Welpen zeigt an, dass es eine gute Erfahrung ist, Meideverhalten zeigt an, dass der Welpe Angst hat. Es gibt keinen Sinn, ihn mit „Da muss er durch“ mit der Angst alleine zu lassen! Soziale Unterstützung sollte selbstverständlich sein, und die Möglichkeit, die Dinge oder Lebewesen im eigenen Tempo, mit dem eigenen Abstand und mit der eigenen Ausdauer zu erkunden.

Das gilt bereits für den Züchter, aber noch mehr für die neuen Halter der Welpen. Denn gerade zur Zeit der Abgabe an die neuen Besitzer öffnen sich die Zeitfenster für Ängste. Daher stellen viele Züchter und Trainerkollegen diesen Abgabezeitpunkt in Frage. Es wäre hilfreich, wenn der Züchter auf solche Dinge individuell schauen würde, und die Abgabe mit den neuen Bezugspersonen flexibel gestaltet, so dass der Welpe nicht gerade mitten in so einem Angstfenster umziehen muss. Alternativ könnte der Abgabetermin von vornherein auf die Zeit ab der 12. Lebenswoche gesetzt werden, wo vielfach die Ängste wieder nachlassen. 

Wichtig zu wissen:

Der Züchter legt den Grundstein für eine gute Sozialisation. Tut er es nicht, fehlt ein wichtiger Baustein in der Entwicklung.

Darum ist es nicht egal, woher dein Welpe kommt.

Egal ist, ob der Züchter Pokale bekommen hat, ob er viele oder wenige Würfe hat.

Wichtig ist, dass der Züchter über diese Dinge überhaupt Bescheid weiß und dass er sich dafür einsetzt, die Welpen optimal vorzubereiten und zu unterstützen. Verlasse dich nicht einfach darauf, dass der Züchter das schon alles richtig machen wird, sondern besuche ihn regelmäßig und sprich mit ihm über die Maßnahmen, die er mit den Welpen macht. Wenn du im Zweifel bist, ob die Sozialisierung so stattfindet, wie du es möchtest, suche dir lieber einen anderen Züchter!

Merke: Ein Bällebad und ein paar Flatterbänder im Garten sind kein Garant für eine gute Sozialisation!

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So versteht dich dein Hund: das positive Markersignal

Über die Autorin Bettina Haas

Bettina Haas, Hundetrainerin aus Leidenschaft, zeigt dir, wie du zum besten Freund und Trainer für deinen Hund wirst. Damit du schnell und nachhaltig zum Erfolg kommst und dein Leben mit Hund (wieder) richtig genießen kannst!

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